Zusatzweiterbildung Medizinische Informatik
Die Zusatzweiterbildung Medizinische Informatik ist eine in der Musterweiterbildungsordnung der deutschen Bundesärztekammer von 2018 (MWBO) aufgeführte Zusatzweiterbildung im Bereich Medizinische Informatik für Ärzte aller Facharztbezeichnungen.
Definition
Die Zusatzweiterbildung Medizinische Informatik umfasst die systematische Verarbeitung von Informationen in der Medizin durch die Modellierung und Realisierung von informationsverarbeitenden Systemen.[1]
Mindestanforderung
Um die Zusatzbezeichnung Medizinische Informatik führen zu dürfen, müssen Ärzte
- über 24 Monaten ärztliche Tätigkeit verfügen und zusätzlich
- einen Weiterbildungskurs in Medizinischer Informatik mit einem Umfang von 240 Stunden absolviert haben (die Kurs-Weiterbildung kann durch 12 Monate Weiterbildung in einer an die Patientenversorgung angeschlossenen Einrichtung der Medizinischen Informatik mit der Befugnis zur Weiterbildung ersetzt werden) sowie
- 480 Stunden in einer Einrichtung der medizinischen Informatik oder in einer IT-Abteilung im Gesundheitswesen tätig gewesen sein (ersetzbar durch eine Projektarbeit bei einem Weiterbildungsbefugten für Medizinische Informatik)
- Nachweis der Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in Medizinischer Informatik gemäß den Anforderungen der Weiterbildungsordnung.[1][2]
Bei der Anmeldung zur Weiterbildungsprüfung müssen der zuständigen Ärztekammer sämtliche Nachweise über die erfüllten Mindestanforderungen vorgelegt werden. Dazu gehören auch die Logbuch-Dokumentationen über alle durch die MWBO vorgegebenen Inhalte der Weiterbildung.[1]
Inhalte der Weiterbildung
Zur Weiterbildungsprüfung muss man darlegen können, dass man Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten unter anderem in folgenden Bereichen erlangt hat:
- Angewandte Informatik
- IT-Infrastrukturkomponenten, z. B. Rechnernetze, Betriebssysteme, Telematikinfrastruktur
- Programmiersprachen und Webservices z. B. XML, JSON, Java, SOAP
- IT-Servicemanagement
- Planung, Entwicklung und Auswahl von Anwendungssystemen
- Einsatz von Vorgehensmodellen im Software Engineering
- Modellierung von Daten und Prozessen
- Anwendung und Abfrage von relationalen Datenbanken
- Anwendung von Methoden der Anforderungsanalyse
- Datenschutz und Datensicherheit
- Rechtliche Grundlagen, z. B. Datenschutzgrundverordnung, Medizinproduktegesetz, Arzneimittelgesetz
- Prinzipien und Maßnahmen zur Gewährleistung des Datenschutzes
- Umsetzung datenschutzkonformer Lösungen in Versorgung und Forschung
- Erstellung eines Datenschutzkonzeptes
- Medizinische Dokumentation
- Planung und Entwicklung von Dokumentationssystemen, z. B. medizinische Register, Krebsregister, Infektionsschutzmeldungen, Qualitätssicherungssysteme
- Anwendung von Ordnungssystemen, Klassifikationen oder Ontologien, davon
- im Rahmen der medizinischen Dokumentation, z. B. Arztbrief, Medikationsplan, Notfalldaten, Impfplan, SNOMED, LOINC, UCUM, TNM, ICD-O
- im Rahmen der administrativen Dokumentation, z. B. OPS, ICD-10-GM, EBM, DRG, Qualitätssicherung nach §137 SGB V
- im Rahmen von Public Health (Big Data), z. B. Todesursachen, Infektionsschutz, Pharmakovigilanz
- Informations- und Kommunikationssysteme
- Medizinische Informations- und Kommunikationssysteme, insbesondere
- Krankenhausinformationssysteme und klinische Arbeitsplatzsysteme
- Arztpraxisinformationssysteme
- Informationssysteme von Funktionsabteilungen wie Radiologie, Labor, Endoskopie
- IT-Standards und Interoperabilität, z. B. ISO, DIN, HL7
- Medizinische Informations- und Kommunikationssysteme, insbesondere
- Telemedizin und Telematik
- Elektronische Akten und patientenzentrierte Anwendungen (Consumer Health Care IT), z. B. APP-Anwendungen, Ambient Assisted Living (AAL)
- Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte
- Organisatorische, juristische, ethische und technische Aspekte von telemedizinischen Anwendungen
- Informationsmanagement
- Nutzung von Routine- und Registerdaten in der Versorgungsforschung
- Datenmanagement, Datenintegration, z. B. Algorithmen, Datenstrukturen
- E-Learning, Blended Learning
- Entscheidungsunterstützung
- Präzisionsmedizin
- Wissensbasen und Systeme zur Therapiesicherheit, z. B. Wissensmanagement
- Health Technology Assessment (HTA)
- Management in der Gesundheits-IT
- Etablierte Verfahren der Qualitätssicherung, z. B. Medizin-Controlling
- Prozessmanagement, z. B. Organisation von Behandlungspfaden
- Qualitätsmanagement, z. B. IT-Qualitätssicherung, Qualitätssicherung nach § 137 SGB V
- Mitarbeit an Qualitätsmanagementprojekten, z. B. im Rahmen von Zertifizierungen.[1]
Die Inhalte der Musterweiterbildungsordnung sind allerdings nur eine Empfehlung für die rechtsverbindlichen Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern, die hiervon abweichende Regelungen treffen können.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Zusatz-Weiterbildung Medizinische Informatik. (PDF) In: (Muster-)Weiterbildungsordnung MWBO 2018, Seite 391ff. Bundesärztekammer, abgerufen am 3. November 2024.
- ↑ Bundesärztekammer (Hrsg.): (Muster-)Kursbuch Medizinische Informatik. 2. Auflage. 18. Februar 2022 (bundesaerztekammer.de [PDF]).