Warum ist Frau B. glücklich?

Film
Titel Warum ist Frau B. glücklich?
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1968
Länge 43 Minuten
Produktions­unternehmen Westdeutscher Rundfunk (Köln)
Stab
Regie Erika Runge
Drehbuch Erika Runge
Kamera Horst Bever
Besetzung
  • Maria Bürger

Warum ist Frau B. glücklich? ist ein Porträtfilm von Erika Runge von 1968. Er war einer der wichtigsten westdeutschen Dokumentarfilme seiner Zeit.

Inhalt

Die 59-jährige Bergarbeiterwitwe Maria Bürger aus Duisburg-Beeckwerth erzählt aus ihrem Leben, außerdem werden Alltagsszenen mit ihr gezeigt.[1]

Sie kam aus Ostpreußen ins Ruhrgebiet, heiratete dort einen Bergarbeiter, bekam drei Kinder und arbeitete in verschiedenen Hilfstätigkeiten. Ihr Mann und ein Sohn starben früh, die Familie erlebte Not, Armut und Hunger zu verschiedenen Zeiten. Trotzdem sagt Maria Bürger, dass sie glücklich sei und ihr Leben so noch einmal wiederholen würde, wenn sie die Möglichkeit dazu hätte.

Hintergründe

Die promovierte Literaturwissenschaftlerin Erika Runge führte 1967 Interviews mit Arbeitern und Angestellten im Ruhrgebiet über deren Lebenssituation, woraus das Buch Bottroper Protokolle (1968) entstand, das die neue Richtung der deutschen Interviewliteratur begründete. Mit Maria Bürger drehte sie als einziger Interviewpartnerin zusätzlich einen Film. Die Aufnahmen entstanden im Oktober 1967.

Warum ist Frau B. glücklich? wurde zuerst am 1. Mai 1968 im Westdeutschen Rundfunk (WDR) gezeigt, und dann bei verschiedenen Festivals und in Programmkinos

  • 11. Oktober 1968, Internationalen Filmwoche in Mannheim[2], mit einem Sonderpreis und einer Empfehlung
  • November 1977 Kino Bali in Berlin-Zehlendorf, Frauenmonat. Frauen in den Gewerkschaften[3]
  • 28. April 1978 Westdeutsche Kurzfilmtage Oberhausen, Retrospektive Das Ruhrgebiet im Film[4]
  • 2015 Internationales Frauenfilmfest Dortmund und Köln[5]
  • 5. September 2023 Zeughauskino Berlin[6]
  • 10. August 2025 Filmforum Duisburg, Filmreihe Duisburg im Bilde, Eröffnungsfilm[7][8]

Auszeichnungen

Bedeutung

Warum ist Frau B. glücklich? gilt als einer der bedeutendsten westdeutschen Dokumentarfilme dieser Zeit.[10][11] Er stellte erstmals das Leben einer Person aus der arbeitenden Bevölkerung in den Mittelpunkt. Auch die Darstellung mit vielen Nahaufnahmen und Interviews war neu. Warum ist Frau B. glücklich? begründete eine neue Form des Dokumentarfilms, dem ähnliche wie Nachrede auf Klara Heydebreck (1969) von Eberhard Fechner oder Von wegen Schicksal (1979) von Helga Reidemeister folgten. Er gehörte auch zu den wichtigsten westdeutschen Frauendokumentarfilmen bis 1990 (mit den meisten Preisen) .[12][13]

Rezeption

Der Germanist Andre Bartoniczek charaktierisierte den Film 2022 so

„Der Gegenstand des Films ist der Mensch, und in dem individuellen Schicksal der Maria Bürger spiegelt sich nicht nur ihr privates Leben im Jahre 1967, sondern ein halbes Jahrhundert Geschichte (…). Geschichte wird in Runges Film nicht mehr als vergangener Gegenstand, als Inhalt objektiven Wissens angeschaut, über den mit erzieherischem Anspruch sachlich informiert wird, sondern sie begegnet dem Zuschauer in einer bis dahin ungekannten sinnlichen Unmittelbarkeit in einer realen Biographie, die nicht als Exempel oder Illustration eines historischen Sachverhalts dient, sondern für sich selbst steht. (…) In ihrem Schicksal artikuliert sich die Aktualität sowohl der Sozialen Frage als auch der Geschlechterfrage.“[14]

Und die Duisburger Filmwoche lobte 2025

„Erika Runge stellt eine Frau voller Leben vor, die aus einem bewegten Leben mitreißend erzählt. Was ihre Dokumentation bahnbrechend machte, war die Verbindung zwischen dem privaten Schicksal und den zeitgeschichtlichen Ereignissen. Dieses Stilmittel wirkte bis heute vorbildlich.“[15]

Varia

Der Filmkritiker Kraft Wetzel veränderte den Filmtitel in einer Zeitschriftenrezension 2000 zu Warum ist Herr B. unglücklich?, über den bekannten DDR-Dokumentarfilmer Jürgen Böttcher, als humorvolle Veränderung einer Redewendung, ohne weitere Bezüge zu dem Film von 1968.[16]

Literatur

  • Andre Bartoniczek: Historische Geschichtserkenntnis. Transcript, Bielefeld 2022. S. 86–94; mit detaillierten Angaben zum Film
  • Thomas Bräutigam: Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms. Schüren, Marburg 2019. S. 262–264
  • Walter Delabar: Die glückliche Frau B. Erika Runges 'Bottroper Protokolle' und ihr Fernsehfilm 'Warum ist Frau B. glücklich?'. In: Gertrude Cepl-Kaufmann, Jasmin Grande (Hrsg.): Schreibwelten – Erschriebene Welten. Zum 50. Geburtstag der Dortmunder Gruppe 61. Klartext, Essen 2011, S. 224–229

Einzelnachweise

  1. Christel Strobel (Hrsg.): Frauen-Filmbuch der Demokratischen Fraueninitiative München, 1978; zitiert in Warum ist Frau B. glücklich? Frauenfilmfest 2015; mit Inhaltsangaben zum Film
  2. Warum ist Frau B. glücklich? bei filmportal.de
  3. Frauenmonat. Frauen in den Gewerkschaften Friedrich-Ebert-Stiftung (PDF)
  4. Warum ist Frau B. glücklich? bei filmportal.de
  5. Warum ist Frau B. glücklich? Frauenfilmfest 2015
  6. Warum ist Frau B. glücklich? Zeughauskino Berlin
  7. Warum ist Frau B. glücklich? Filmforum Duisburg, veranstaltet von der Duisburger Filmwoche und der VHS Duisburg
  8. Veranstaltung der Filmreihe Duisburg im Bilde Duisburger Filmwoche
  9. Warum ist Frau B. glücklich? Dokumentarfilmgeschichte, Distribution
  10. Veranstaltung der Filmreihe Duisburg im Bilde Duisburger Filmwoche: „Warum ist Frau B. glücklich?“ gilt als einer der wichtigsten Dokumentarfilme seiner Zeit, indem private und gesellschaftliche Realitäten miteinander verbunden werden.
  11. Bartoniczek, S. 86ff., mit Details und weiteren Literaturangaben
  12. Klaus Kreimeier, Dokumentarfilm 1892–2003, in Wolfgang Jacobsen, u. a. (Hrsg.): Geschichte ded deutschen Films, 2., aktualisierte und erweiterte Auflage, Metzler, Stuttgart, 2004, S. 431–460, hier S. 455; als einen von sechs wichtigen Frauendokumentarfilmen dieser Zeit
  13. Barbara Kosta, Recasting Autobiography. Women's Counterfictions in Contemporary German Literature and Films, Ithaka und London, 1994, S. 24; nennt ihn als einen der vier wichtigsten westdeutschen Frauendokumentarfilm der 1960er und 1970er Jahre, neben Macht die Pille frei? (1973), Es kommt drauf an, sie zu verändern (1973) und Von wegen Schicksal (1979)
  14. Bartoniczek, S. 87, 91
  15. Warum ist Frau B. glücklich? Duisburger Filmwoche, 2025
  16. Kraft Wetzel,Warum ist Herr B. unglücklich?, in Freitag, 45/2000, vom 3. November 2000 Artikelanfang; auch zitiert in Klaus Kreimeier: Gedämpfte Töne, Wortsplitter, halbe Sätze, kaum ein Lachen. In: Tobias Ebbrecht, Hilde Hoffmann, Jörg Schweinitz (Hrsg.): DDR – erinnern, vergessen. Das visuelle Gedächtnis des Dokumentarfilms. Schüren, Marburg, 2009. S. 23–37, hier S. 24 (PDF); über das gereizte Verhalten von Jürgen Böttcher bei einer Retrospektive zu seinem Werk