Vésigniéit

Vésigniéit
Vésigniéit aus der Grube Floßberg, Bad Lauterberg im Harz, Niedersachsen, Deutschland (Sichtfeld 6 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Vsg[1]

Chemische Formel BaCu3[OH|VO4]2[2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/B.14
VII/B.29-060

8.BH.45
41.05.13.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[3]
Raumgruppe C2/m (Nr. 12)Vorlage:Raumgruppe/12[2]
Gitterparameter a = 10,27 Å; b = 5,91 Å; c = 7,71 Å
β = 116,4°[2]
Formeleinheiten Z = 2[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3 bis 4
Dichte (g/cm3) gemessen: 4,56(10); berechnet: 4,70[4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}, unvollkommen nach {110}[4]
Bruch; Tenazität uneben
Farbe gelbgrün, dunkelolivgrün
Strichfarbe grünlich
Transparenz durchscheinend
Glanz Glasglanz bis matt
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 2,053[5]
nβ = 2,129[5]
nγ = 2,133[5]
Doppelbrechung δ = 0,080[5]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = gemessen: 60°; berechnet: 24°[5]

Vésigniéit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung BaCu3[OH|VO4]2[2], ist also ein Barium-Kupfer-Vanadat mit zusätzlichen Hydroxidionen.

Vésigniéit ist durchscheinend und entwickelt nur kleine lamellare, pseudohexagonale Kristalle bis etwa zwei Millimeter Größe. Meist findet er sich in Form nieriger bis derber Mineral-Aggregate oder krustiger bis erdig-pulvriger Überzüge. Seine Farbe variiert zwischen gelbgrün und dunkelolivgrün und auch seine Strichfarbe ist grünlich. Auf den Kristallflächen zeigt sich ein glasähnlicher Glanz, Aggregate oder Krusten sind jedoch matt.

Etymologie und Geschichte

Erstmals beschrieben wurde Vésigniéit 1955 durch Claude Guillemin, der das Mineral nach dem französischen Mineralsammler und Präsident der Französischen Mineralogischen Gesellschaft Jean Paul Louis Vésignié (1870–1954) benannte. Dieser hatte das Probenmaterial zur Bestimmung des neuen Minerals bereitgestellt.

Guillemin entdeckte das neue Mineral auf Proben aus Friedrichroda (Thüringen, Deutschland), die als Calciovolborthit bezeichnet waren sowie aus dem Ural (Russland), bei denen es sich angeblich um Volborthit handelte. Da die meisten Daten mithilfe des Materials aus Friedrichroda ermittelt wurden, gilt vordringlich dieser als Typlokalität für Vésigniéit, als Co-Typlokalität daneben auch der Ural.[6]

Klassifikation

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Vésigniéit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate, Vanadate“ und dort zur Abteilung „Wasserfreie Phosphate, Arsenate und Vanadate mit fremden Anionen“, wo er gemeinsam mit Arsentsumebit, Bayldonit und Tsumebit in der „Bayldonit-Tsumebit-Gruppe“ mit der Systemnummer VII/B.14 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VII/B.29-060. Dies entspricht der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserfreie Phosphate, mit fremden Anionen F,Cl,O,OH“, wo Vésigniéit zusammen mit Bjarebyit, Drugmanit, Jagowerit, Johntomait, Kulanit, Penikisit und Perloffit die „Bjarebyitgruppe“ mit der Systemnummer VII/B.29 bildet.[7]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[8] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Vésigniéit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; ohne H2O“ ein. Hier ist das Mineral in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen und meist großen Kationen; (OH usw.) : RO4 = 1 : 1“ zu finden, wo es zusammen mit Bayldonit die „Bayldonitgruppe“ mit der Systemnummer 8.BH.45 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Vésigniéit die System- und Mineralnummer 41.05.13.01. Das entspricht der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserfreie Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen mit (AB)2(XO4)Zq“ als einziges Mitglied in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 41.05.13.

Kristallstruktur

Vésigniéit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12)Vorlage:Raumgruppe/12 mit den Gitterparametern a = 10,27 Å; b = 5,91 Å; c = 7,71 Å und β = 116,4° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Bildung und Fundorte

Dunkelgrüner Vésigniéit-Kristallrasen aus der „Mashamba West Mine“, Kolwezi, Katanga, Demokratische Republik Kongo (Größe: 2,7 × 2,5 × 1,6 cm)
Großaufnahme von Vésigniéit (dunkelgrün) aus dem gleichen Fundort (Sichtfeld 6 mm)

Vésigniéit bildet sich sekundär in kupferhaltigen Uran-Vanadium-Lagerstätten. Als Begleitminerale können unter anderem Baryt, Calcit, Carnotit, Malachit, Tyuyamunit und Volborthit auftreten.

Als seltene Mineralbildung konnte Vésigniéit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2013) rund 45 Fundorte als bekannt gelten.[9] In Deutschland konnte das Mineral neben seiner Typlokalität Friedrichroda, als genauer Fundort wird hier auch die Grube „Glücksstern“ am Gottlob angegeben,[10] unter anderem noch in der Grube Clara bei Oberwolfach in Baden-Württemberg; bei Bad Lauterberg im Harz in Niedersachsen; an mehreren Orten in der Eifel (Emmelberg, Rother Kopf, Kahlenberg) in Rheinland-Pfalz; an der Nordküste von Helgoland in Schleswig-Holstein sowie in der Manganlagerstätte bei Ilfeld in Thüringen gefunden werden.

Der bisher einzige bekannte Fundort am Ural in Russland ist die Umgebung der Stadt Perm in der gleichnamigen Region.

In der Schweiz kennt man Vésigniéit bisher nur vom Brunegggletscher im Kanton Wallis.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, der Demokratischen Republik Kongo (Zaire), Frankreich, Italien, Mexiko, Namibia, Tschechien, Ukraine, Usbekistan, im Vereinigten Königreich (UK) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[11]

Siehe auch

Literatur

  • Claude Guillemin: Une nouvelle espèce minérale: la vésigniéite Cu3Ba(VO4)2(OH)2. In: Comptes Rendus de l’Academie des Sciences. Paris 1955, C 240, S. 2331–2333
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 634 (Erstausgabe: 1891).
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 645.
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Dörfler Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 168–169.
Commons: Vésigniéite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 460.
  3. Webmineral – Vésigniéite.
  4. a b Vésigniéite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org PDF 64,3 kB)
  5. a b c d e Mindat – Vésigniéite
  6. Thomas Witzke: Die Entdeckung von Vésigniéit. Abgerufen am 22. September 2013.
  7. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  8. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  9. Mindat – Anzahl der Fundorte für Vésigniéit
  10. Artur Wittern: Mineralfundorte und ihre Minerale in Deutschland. E. Schweizbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65202-9, S. 128–129.
  11. Fundortliste für Vésigniéite beim Mineralienatlas und bei Mindat