Raimund Czerny
Raimund Czerny (auch Cerny; * um 1880; † nach 1917) war ein österreichischer Kameraoperateur und Wochenschau-Kameramann, der zu den Pionieren der österreichischen Kriegsfilmberichterstattung im Ersten Weltkrieg gehörte.
Leben und Wirken
Tätigkeit als Filmoperateur
Raimund Czerny war als ziviler Filmoperateur tätig, als mit Beginn des Ersten Weltkriegs am 28. Juli 1914 das neu gegründete k.u.k. Kriegspressequartier (KPQ) die ersten Filmtrupps an die österreichischen Kriegsschauplätze entsandte.[1]
Da das Militär über keine eigenen ausgebildeten Kameraleute verfügte, musste auf zivile Personen zurückgegriffen werden. Bereits im August 1914 wurden die ersten Filmaufnahmen gedreht, und im September 1914 wurden die von den Kameraleuten Raimund Czerny und Heinrich Findeis gedrehten „Kriegszeitungen“ bereits regelmäßig verbreitet.[2]
Die erste österreichische Kriegswochenschau
Czerny und sein Kollege Findeis arbeiteten für die Wiener Kunstfilm-Industrie, die erste bedeutende österreichische Filmproduktionsgesellschaft. Die Wiener Kunstfilm-Industrie brachte im September 1914 die erste Kriegswochenschau des Landes heraus: das „Kriegs-Journal“. Als Kameraleute waren Czerny und Findeis an den Fronten im Einsatz. Raimund Czerny war Teil der ersten Generation österreichischer Filmschaffender, die in einer Zeit arbeitete, als das Medium Film gerade erst seine Wirkungsmacht als Propaganda- und Dokumentationsinstrument entfaltete. Seine Arbeit dokumentiert sowohl die technischen Anfänge des österreichischen Films als auch die Mobilisierung des Blicks auf das Kriegsgeschehen.[3]
Die Filmtrupps bestanden aus je einem Operateur und zwei Gehilfen und waren etwa vier bis sechs Wochen an der Front tätig. Ihre Aufgabe war es, das Kriegsgeschehen zu visualisieren, wobei ihre Aufnahmen unter militärischer Aufsicht geprüft und zensiert wurden, bevor sie im Kriegsarchiv hinterlegt wurden.
Spätere Tätigkeit
Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete Czerny weiterhin als Kameraoperateur. 1917 filmte er für die Sascha-Film aus einer Straßenbahn die Fahrt durch die Grazer Innenstadt bis zum Südbahnhof (heute Hauptbahnhof). Das viragierte Filmdokument mit dem Titel „Graz, die Hauptstadt der grünen Steiermark“ zeigt das pulsierende Straßenleben der Grazer Innenstadt.[4]
Technische Herausforderungen
Die Filmberichterstatter des Ersten Weltkriegs hatten mit erheblichen technischen Problemen zu kämpfen. Die Kameras waren schwer und unbeweglich, Teleobjektive waren praktisch unbekannt und das Filmmaterial war wenig lichtempfindlich, sodass bei Dämmerung oder nachts kaum Aufnahmen möglich waren. Zudem fanden viele Kampfhandlungen bei ungünstigen Lichtverhältnissen oder in der Nacht statt.
Bedeutung und Nachwirkung
Czerny gehörte zu den Pionieren der österreichischen Kriegsfilmberichterstattung. Seine Arbeit war Teil eines größeren Propagandaprojekts der österreichisch-ungarischen Monarchie, die das Medium Film zur visuell aussagekräftigen Informationsquelle und zum Propagandainstrument in den Massenmedien nutzte. Die von ihm und Findeis produzierten Aufnahmen dokumentieren nicht nur das Kriegsgeschehen, sondern auch die frühe Entwicklung der kinematographischen Technik in Österreich. Ihre Filme sind heute wichtige historische Quellen zur Erforschung des Ersten Weltkriegs und der frühen österreichischen Filmgeschichte.
Literatur
- Oswald Denkmayr: Kurbelmann im Kriegsdienst: die Operateure der Filmstelle des k.u.k. Kriegsarchivs und des k.u.k. Kriegspressequartiers 1914 bis 1918. Diplomarbeit Universität Wien, 2012.
- Wolfgang C. Regler: Die Mobilisierung des Blicks auf das Kriegsgeschehen: Zur Funktion und Geschichte der österreichisch-ungarischen Kriegsfilmproduktion. In: Kinematographische Rundschau, 1914.
- Anton Holzer: Die andere Front: Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg. 3., verkleinerte Auflage. Darmstadt: Primus Verlag, 2012. ISBN 978-3-86312-032-0. Lizenzausgabe für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG), Darmstadt.
Einzelnachweise
- ↑ Oswald Denkmayr: Kurbelmann im Kriegsdienst: die Operateure der Filmstelle des k.u.k. Kriegsarchivs und des k.u.k. Kriegspressequartiers 1914 bis 1918. Diplomarbeit Universität Wien, 2012.
- ↑ Filmproduktionsgesellschaften während des Ersten Weltkriegs. Cinema Austriaco, 21. Januar 2022, abgerufen am 31. August 2025.
- ↑ Oswald Denkmayr: Kurbelmann im Kriegsdienst: die Operateure der Filmstelle des k.u.k. Kriegsarchivs und des k.u.k. Kriegspressequartiers 1914 bis 1918. Diplomarbeit Universität Wien, 2012.
- ↑ k.k. Roadmovie: Straßenbahnfahrt durch Graz. Filmarchiv Austria, abgerufen am 31. August 2025.