Paula Ackerman

Paula Ackerman (* 7. Dezember 1893 in New York City, New York, Vereinigte Staaten als Paula Herskovitz; † 12. Januar 1989 in Thomaston, Georgia, Vereinigte Staaten) war die erste Frau, die die geistliche Leitung einer jüdischen Gemeinde in den USA übernahm. Sie diente von Januar 1951 bis Herbst 1953 als geistliches Oberhaupt des Temple Beth Israel in Meridian einer Gemeinde des Reformjudentums.[1]
Leben und Werk

Ackerman war die Tochter von Joseph und Dora Herskovitz und wuchs in Pensacola auf. Ihr Vater war in einem traditionell religiösen Elternhaus in Rumänien aufgewachsen und wollte ursprünglich nur seinen Söhnen eine hebräische Ausbildung zukommen lassen. Er stellte jedoch einen örtlichen orthodoxen Rabbiner als Nachhilfelehrer für sie und ihre zwei Brüder ein, um ihren wöchentlichen Religionsunterricht im Temple Beth-El, der Reformgemeinde, der sie angehörten, zu ergänzen. Nach ihrem Highschool-Abschluss 1911 erhielt Ackerman ein Stipendium für das H. Sophie Newcomb Memorial College, das sie jedoch aus persönlichen und familiären Gründen ablehnte. Sie wurde private Musiklehrerin, unterrichtete Mathematik und Latein an der High School und an der Temple University. Während des Ersten Weltkriegs war sie Sekretärin der Pensacola-Zweigstelle des National Jewish Welfare Board.[2][3]
1919 heiratete sie William Ackerman, den Rabbiner des Temple Beth-El. Sie zog 1922 mit ihrem Ehemann und dem gemeinsamen Sohn nach Mississippi, wo ihr Mann eine besser bezahlte Rabbinerstelle annahm. Sie unterrichtete nicht nur in der Hebräischschule und half in der Schwesternschaft, sondern vertrat ihren Mann bei Abwesenheit oder Krankheit. Sie war außerdem von 1939 bis 1945 Vorstandsmitglied der National Federation of Temple Sisterhoods (NFTS) und Vorsitzende des National Committee on Religious Schools der NFTS.[4][5]
Nach dem Tod ihres Ehemanns 1950 übernahm Ackerman seinen Platz als Oberhaupt und Rabbiner der Gemeinde, obwohl sie nie zur Rabbinerin ordiniert worden war. Die Gemeinde erhielt die informelle Erlaubnis von Maurice Eisendrath, Vorsitzender der Union of American Hebrew Congregations, der kurz darauf aber seine Zustimmung mit der Begründung widerrief, er sei davon überzeugt, dass Gemeindevorsteher, die nicht für die Ausübung des vollen Rabbineramts qualifiziert seien, mehr Probleme schaffen als lösen würden. Die Synagogenleitung hielt jedoch an der Ernennung fest.[6]
Sie diente, bis drei Jahre später ein Mann mit Rabbinerweihe als Nachfolger gefunden wurde. Ihre inoffizielle Ernennung trat in Kraft, nachdem sie am 12. Dezember 1950 den ersten Gottesdienst geleitet hatte. In Israel und den USA machte das Ereignis keine Schlagzeilen, doch etwa einen Monat später wurde es im Time Magazine erwähnt.[7]
Die Bedenken nationaler Reformführer über ihre mangelnde Ordination und rabbinische Ausbildung wurden meist privat geäußert. Viele verstanden Ackermans Fall als Beispiel dafür, dass auch eine Frau ein rabbinisches Amt ausüben konnte. Sie leitete wöchentliche Gottesdienste und Feiertagsgottesdienste, amtierte bei Hochzeiten, Feiern zur Bar und Bat Mitzwa und Beerdigungen und nahm an Treffen der Rabbiner von Mississippi teil.[8]
Anschließend blieb sie in städtischen, staatlichen und nationalen religiösen und kulturellen Gremien aktiv und bereiste die USA, um Vorträge zu religiösen Themen zu halten. Als 1962 der Rabbiner der Synagoge in Pensacola kündigte, erklärte sie sich bereit, vorübergehend in das Rabbineramt zurückzukehren, bis ein neuer Rabbiner gefunden war.[9]
1986 würdigte die Union of American Hebrew Congregations ihren Beitrag zum jüdischen Gemeinschaftsleben im Rahmen einer besonderen Zeremonie im Tempel in Atlanta. Ihr wurde eine Gedenktafel für ihre Pionierleistungen überreicht.[10]
Sie starb 1989 im Alter von 95 Jahren in Thomaston und wurde auf dem Beth Israel Cemetery beigesetzt.[11]
Der Roman The Rabbi Is a Lady (1987) von Alex J. Goldman wurde wahrscheinlich von Ackermans Lebensgeschichte inspiriert. Darin geht es um die Witwe eines konservativen Rabbiners, die auf die Kanzel ihres verstorbenen Mannes berufen wird. Dieser Roman ist eines der ersten literarischen Werke, die Rabbinerinnen in der amerikanischen jüdischen Literatur darstellen.
Literatur
- Alex J Goldman: The rabbi is a lady. Hippocrene Books, 1987, ISBN 978-0870523069.
- K. M. Olitzky, L. Sussman, M. Stern: Reform Judaism in America: A Biographical Dictionary. 1993, S. 1–2.
- E. M. Umansky, D. Ashton: Four Centuries of Jewish Women’s Spirituality: A Sourcebook. 1992, S. 184–86.
- Ellen M. Umansky: Reform’s Lost Woman Rabbi: An Interview with Paula Ackerman. Genesis 2, no. 17, 3, 1986, S. 18–20.
- Pamela Nadell: Women Who Would Be Rabbis: A History of Women’s Ordination, 1889-1985. Boston, 1998, S. 120–126.
Einzelnachweise
- ↑ Ackerman, Paula Herskovitz | Encyclopedia.com. Abgerufen am 23. August 2025.
- ↑ U.S., Jewish Welfare Board, War Correspondence, 1917-1954. Abgerufen am 23. August 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Paula Ackerman. Abgerufen am 24. August 2025 (englisch).
- ↑ Pensacola News Journal from Pensacola, Florida. 30. Oktober 1935, abgerufen am 23. August 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ http://collections.americanjewisharchives.org/ms/ms0073/ms0073.A002.002-003.pdf
- ↑ 12.12.1950 / הרבנית שהפכה לרבה ולמנהיגה רוחנית. Archiviert vom am 23. Januar 2025; abgerufen am 23. August 2025 (hebräisch).
- ↑ Paula Ackerman becomes "spiritual leader" of Temple Beth Israel of Meridian, Mississippi. Abgerufen am 23. August 2025 (englisch).
- ↑ Paula Ackerman becomes "spiritual leader" of Temple Beth Israel of Meridian, Mississippi. Abgerufen am 23. August 2025 (englisch).
- ↑ JWA Presents "This Week in History". Archiviert vom am 3. Oktober 2006; abgerufen am 23. August 2025.
- ↑ Paula Herskovitz Ackerman. Abgerufen am 23. August 2025.
- ↑ Paula Herschkovitz Ackerman (1893-1989) – Find a... Abgerufen am 23. August 2025.