Patriotendenkmal

Das Patriotendenkmal steht in Stäfa im Schweizer Kanton Zürich und gedenkt der Freiheitskämpfer Johann Caspar Pfenninger, Heinrich Nehracher und Johann Jakob Bodmer, die im Stäfnerhandel 1794/95 gegen die Stadt Zürich aufbegehrten. Das Werk von August Bösch wurde 1898 eingeweiht und ist ein Kulturgut von regionaler Bedeutung.
Geschichte

Die Initiative zum Denkmal ging wesentlich vom Stäfner Schriftsteller und Sekundarlehrer Gottlieb Bodmer (1829–1904)[1] aus. Am 15. Dezember 1889 hielt er in Stäfa vor etwa 80 Personen einen Vortrag über den Stäfnerhandel. Veranstalterin war die Lesegesellschaft Stäfa. Die Teilnehmer beschlossen noch selbigen Tags die Bildung eines Komitees zur Schaffung eines Denkmals für die damaligen «Märtyrer der Freiheit», das an der Hundertjahrfeier des Aufstands 1895 enthüllt werden sollte, und wählten fünf Mitglieder aus Stäfa. Die ehedem ebenfalls beteiligten Gemeinden Männedorf, Meilen, Küsnacht, Horgen und Wädenswil sollten je zwei weitere Mitglieder wählen.[2]
Ende 1893 lag ein Entwurf des Stäfner Künstlers Emil Pfenninger vor,[3] der eine aufwändige Brunnenanlage vorsah: Über natürlichen Felsblöcken sollte sich ein Postament aus rotbraunem Colombey-Marmor mit vier Löwenmasken als Wasserspeier erheben, darüber ein Obelisk aus Gotthard-Granit. Auf den acht Pfeilern des Geländers um das Zementbassin sollten die Wappen der beteiligten Gemeinden angebracht werden. Inschriften und eventuell ein Reliefporträt hätten den Denkmalcharakter vollendet.[4][5] Zu einer Ausführung bis zur Hundertjahrfeier kam es jedoch nicht. Anlässlich dieser «Patriotenfeier» am 7. Juli 1895 informierte Bodmer aber über den Fortgang des Projekts: Die Kosten waren auf 5000 Franken veranschlagt, die Einweihung sollte bis spätestens 1898 stattfinden.[4]
Am 1. September 1895 wandte sich das Denkmalkomitee mit einem Spendenaufruf an die Öffentlichkeit. 363 Franken waren bereits vorhanden.[5] Im Juni 1896 waren 8034 Franken eingegangen.[6] Am 3. Juni 1897 beschloss der Regierungsrat einen Staatsbeitrag von 1000 Franken.[7]
Das Denkmalkomitee entschied sich letztlich gegen Pfenningers Modell und beauftragte im November 1896 stattdessen den St. Galler August Bösch mit der Ausführung,[8] dessen Entwurf im Juli 1897 im «Rössli» in Stäfa ausgestellt wurde.[9] Die Kosten waren inzwischen auf 15'000 Franken budgetiert.[10] Die Statue wurde in einer deutschen Fabrik gegossen und langte Mitte Mai 1898 in Stäfa an.[11]
Die Einweihung fand am 3. Juli 1898 statt. Regierungsratspräsident Johann Emanuel Grob hielt eine Rede und übergab das Denkmal der Gemeinde, in deren Namen es der Stäfner Kantonsrat Edwin Kunz dankend entgegennahm. Zuvor wurde ein von Gottlieb Bodmer in Zürichdeutsch verfasstes Volksschauspiel mit fünf Bildern gegeben.[12]
Beschreibung
Das Denkmal steht beim Hafen im Ortsteil Oetikon. Das Postament besteht aus Jurakalk und wurde im 20. Jahrhundert erheblich modifiziert.[10] Auf drei Seiten sind Bronzemedaillons mit Reliefporträts folgender am Memorial und am Stäfnerhandel beteiligter Personen angebracht:
- Johann Jakob Bodmer (links), einer der Anführer des Aufstands 1795. Er wurde zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt.[13]
- Johann Kaspar Pfenninger (Frontseite), Initiator des Memorials. Er wurde 1795 zu vier Jahren Landesverweisung verurteilt.[14]
- Heinrich Nehracher (rechts), Hauptverfasser des Memorials, dessen Entwurf er am 11. November 1794 in der Lesegesellschaft Stäfa vortrug. Die Regierung fing es noch vor der Einreichung ab, liess es verbrennen und verwies Nehracher des Landes.[15]
Nehracher starb 1797 im elsässischen Exil. Pfenninger und Bodmer wurden 1798 unter französischem Druck rehabilitiert.
-
«Jakob Bodmer» -
«Joh. Casp. Pfenninger» -
«Hans H. Nehracher»
Auf der Rückseite ist eine Tafel mit folgender Inschrift eingelassen:
«MEMORIAL- UND
STÄFNERHANDEL
1794–95
UNSERN PATRIOTEN, DIE
FÜR FREIHEIT UND RECHT
DER LANDSCHAFT
KÄMPFTEN UND LITTEN»
Die darüber thronende Galvanoplastik ist 2,5 Meter hoch. Bösch liess sich angeblich von italienischen Denkmälern für Giuseppe Garibaldi inspirieren.[10] Er verzichtete auf die Darstellung eines der Geehrten, sondern schuf einen an der zu seinen Füssen stehenden Garbe und einer Sichel erkennbaren Zürcher Bauern mit nacktem Oberkörper:
«Auf hohem Postament steht in entschlossen trotziger Haltung ein junger Bauersmann, der die fesselnden Ketten gewaltsam gesprengt hat. In Haltung und Miene, in jeder Linie der kraftvoll und bis ins kleinste Detail hinein charakteristisch modellierten Figur tritt uns eine echt künstlerische Auffassung der historischen Idee entgegen: Das Landvolk am Zürichsee schüttelt das lang getragene Stadtherrenjoch ab.»[10]
Literatur
- H. Sch.: Das Patriotendenkmal in Stäfa. In: Die Schweiz. Band 1, 1897, S. 88, doi:10.5169/seals-572179.
Einzelnachweise
- ↑ Fritz Stucki: Geschichte der Familie Bodmer von Zürich. Zürich 1942, S. 423.
- ↑ Stäfa. In: Der Freisinnige. Band 37, Nr. 148, 19. Dezember 1889, S. 3 (online).
- ↑ Freiheitsmärtyrer Bodmer. In: Neue Zürcher Zeitung. Erstes Blatt. Nr. 324, 20. November 1893, S. 2 (online).
- ↑ a b Die Patriotenfeier in Stäfa. In: Neue Zürcher Zeitung. Morgenblatt. Nr. 188, 9. Juli 1895, S. 1 (online).
- ↑ a b Aufruf zu Gunsten eines Patriotendenkmals in Stäfa. In: Neue Zürcher Zeitung. Erstes Abendblatt. Nr. 246, 5. September 1895, S. 3 (online).
- ↑ Stäfa. In: Der Freisinnige. Nr. 67, 12. Juni 1896, S. 2 (online).
- ↑ Regierungsratsverhandlungen vom 3. Juni. In: Neue Zürcher Zeitung. Erstes Abendblatt. Nr. 154, 4. Juni 1897, S. 1 (online).
- ↑ Kleine Chronik. In: Neue Zürcher Zeitung. Erstes Abendblatt. Nr. 330, 27. November 1896, S. 2 (online).
- ↑ Zürich. In: Der Freisinnige. Nr. 77, 7. Juli 1897, S. 2 (online).
- ↑ a b c d H. Sch.: Das Patriotendenkmal in Stäfa. In: Die Schweiz. Band 1, 1897, S. 88, doi:10.5169/seals-572179.
- ↑ Zürich. In: Der Freisinnige. Nr. 57, 18. Mai 1898, S. 2 (online).
- ↑ Das Fest in Stäfa. In: Neue Zürcher Zeitung. Zweites Abendblatt. Nr. 183, 4. Juli 1898, S. 1 (online).
- ↑ Alexandra Bloch: Johann Jakob Bodmer. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 8. November 2002, abgerufen am 13. September 2025.
- ↑ Reto Weiss: Johann Kaspar Pfenninger. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 17. Juni 2009, abgerufen am 13. September 2025.
- ↑ Bruno Schmid: Stäfnerhandel. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 27. Februar 2012, abgerufen am 13. September 2025.
Koordinaten: 47° 14′ 20,9″ N, 8° 43′ 6,9″ O; CH1903: 696912 / 232816