Metarauchit

Metarauchit
Hellgelbe, tafelige Metarauchitkristalle aus der Grube Adam Heber (Schacht 43), Neustädtel (Schneeberg), Sachsen (Sichtfeld 4 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2008-050[1]

IMA-Symbol

Mrau[2]

Chemische Formel
  • Ni(UO2)2(AsO4)2·8H2O[1]
  • (Ni,Co)[UO2|AsO4]2·8H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/E.02-045[3]

8.EB.05
40.02a.17.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol triklin-pinakoidal; 1
Raumgruppe P1 (Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2[4]
Gitterparameter a = 7,194(4) Å; b = 9,713(5) Å; c = 13,201(9) Å
α = 75,79(3)°; β = 83,92(5)°; γ = 81,59(4)°[4]
Formeleinheiten Z = 2[4]
Zwillingsbildung polysynthetisch nach {011}[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2[5]
Dichte (g/cm3) berechnet: 3,81[5]
Spaltbarkeit vollkommen nach (011)[5]
Bruch; Tenazität uneben; sehr spröde[5]
Farbe gelb bis hellgrünlichgelb[5]
Strichfarbe hellgrün bis hellgelb[5]
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend[5]
Glanz Glasglanz, auf Spaltflächen Perlglanz[5]
Radioaktivität Sehr stark: 83,486 kBq/g[6]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,625(3)[7]
nβ = 1,649(3)[7]
nγ = 1,649(3)[7]
Doppelbrechung δ = 0,024[7]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 52° (berechnet)[7]

Metarauchit (IMA-Symbol Mrau[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der chemischen Zusammensetzung Ni(UO2)2(AsO4)2·8H2O[1] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Nickel-Uranyl-Arsenat.

Metarauchit kristallisiert im triklinen Kristallsystem und entwickelt dicktafelige Kristalle von bis zu einem Millimeter Größe. Das Mineral ist durchsichtig bis durchscheinend und zeigt auf den gelben bis hellgrünlichgelben Kristalloberflächen einen glasähnlichen Glanz. Spaltflächen schimmern dagegen eher perlmuttähnlich.

Etymologie und Geschichte

Entdeckt wurde Metarauchit zuerst im Schweitzer-Gang des Bergwerks Eduard bei Jáchymov (deutsch Sankt Joachimsthal) in der tschechischen Region Karlsbad. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch Jakub Plášil, Jiří Sejkora, Jiří Čejka, Milan Novák, Joan Viñals, Petr Ondruš, František Veselovský, Pavel Škácha, Jan Jehlicka, Viktor Goliáš und Jan Hloušek, die das Mineral nach dem tschechischen Mineraliensammler Luděk Rauch (1951–1983) benannten, der auf tragische Weise beim Sammeln in den Joachimsthaler Bergwerken ums Leben kam.

Aufgrund der Nomenklatur-Regeln der Autunitgruppe erhielt das Mineral zusätzlich den Präfix „Meta“, der auf den dehydrierten Zustand hinweist, obwohl Metarauchit noch vor Rauchit (Ni(UO2)2(AsO4)2·10H2O; IMA 2010-037[1]) beschrieben wurde.

Das Mineralogenteam sandte seine Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen 2008 zur Prüfung an die International Mineralogical Association (interne Eingangsnummer der IMA: 2008-050[1]), die den Metarauchit als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Publikation der Erstbeschreibung erschien 2010 im Fachmagazin The Canadian Mineralogist. Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Metarauchit lautet „Mrau“.[2]

Das Typmaterial des Minerals wird in der Mineralogischen Sammlung des Nationalmuseum (Národní muzeum; NMCR) in Prag (Tschechien) unter der Inventarnummer P1p 19/2008 aufbewahrt.[8][9]

Klassifikation

Da der Metarauchit erst 2008 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VII/E.02-045. Dies entspricht der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Uranyl-Phosphate/Arsenate und Uranyl-Vanadate mit [UO2]2+–[PO4]/[AsO4]3− und [UO2]2+–[V2O8]6−, mit isotypen Vanadaten (Sincositreihe)“, wo Metarauchit zusammen mit Abernathyit, Bassetit, Chernikovit, Lehnerit, Meta-Ankoleit, Meta-Autunit, Metaheinrichit, Metakahlerit, Metakirchheimerit, Metalodèvit, Metanatroautunit, Metanováčekit, Metasaléeit, Metatorbernit, Metauranocircit (Rn), Metauranospinit, Metazeunerit, Natrouranospinit, Pseudo-Autunit (diskreditiert), Ulrichit, Uramarsit und Uramphit die „Meta-Autunit-Gruppe“ mit der Systemnummer VII/E.02 bildet.[3]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Metarauchit ebenfalls in die Abteilung der „Uranylphosphate und Arsenate“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach dem Stoffmengenverhältnis der enthaltenen Uranyl- zu den Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplexen. Das Mineral ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „UO2 : RO4 = 1 : 1“ zu finden ist, wo es zusammen mit Autunit, Heinrichit, Kahlerit, Kirchheimerit (H), Hydronováčekit, Nováčekit, Saléeit, Torbernit, Uranocircit, Uranospinit, Xiangjiangit und Zeunerit die „Autunitgruppe“ mit der Systemnummer 8.EB.05 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Metarauchit die System- und Mineralnummer 40.02a.17.02. Dies entspricht ebenfalls der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate etc.“, wo das Mineral zusammen mit Metakirchheimerit in einer unbenannte Gruppe mit der Systemnummer 40.02a.17 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit A2+(B2+)2(XO4) × x(H2O), mit (UO2)2+“ zu finden ist.

Kristallstruktur

Metarauchit kristallisiert in der triklinen Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2 mit den Gitterparametern a = 7,194(4) Å; b = 9,713(5) Å; c = 13,201(9) Å; α = 75,79(3)°; β = 83,92(5)° und γ = 81,59(4)° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Eigenschaften

Das Mineral ist durch seinen Urangehalt von bis zu 46.6 Gew.-% stark radioaktiv. Unter Berücksichtigung der Mengenanteile der radioaktiven Elemente in der idealisierten Summenformel sowie der Folgezerfälle der natürlichen Zerfallsreihen wird für das Mineral eine spezifische Aktivität von etwa 83,486 kBq/g[6] angegeben (zum Vergleich: natürliches Kalium 0,0312 kBq/g). Der zitierte Wert kann je nach Mineralgehalt und Zusammensetzung der Stufen deutlich abweichen, auch sind selektive An- oder Abreicherungen der radioaktiven Zerfallsprodukte möglich und ändern die Aktivität.

Bildung und Fundorte

Metarauchit bildet sich sekundär in stark verwitterten (oxidierten), polymetallischen Gängen. Als Begleitminerale können unter anderem Erythrin, Gips, nickelhaltiger Metanováčekit, Metazeunerit und Pharmakosiderit auftreten.[5]

Metarauchit gehört zu den sehr seltenen Mineralbildungen, von dem bisher weniger als 10 Fundstellen dokumentiert sind. Außer an seiner Typlokalität in der Grube Eduard sowie in der nahe gelegenen Grube Eliáš bei Jáchymov trat das Mineral in Tschechien nur noch in einer Uranlagerstätte bei Smrkovec (Březová) (ebenfalls Region Karlsbad) entdeckt werden.

In Deutschland kennt man das Mineral bisher nur aus den aufgelassenen Gruben und Halden von Alt St. Joseph und Sophia bei Wittichen (Landkreis Rottweil) in Baden-Württemberg sowie in der Grube Adam Heber (Schacht 43) bei Neustädtel (Schneeberg) in Sachsen.

Des Weiteren fand sich Metarauchit bisher nur noch in der Nickel-Uran-Lagerstätte Belorechensk nahe Maikop in der südrussischen autonomen Republik Adygeja.[11]

Vorsichtsmaßnahmen

Aufgrund der starken Radioaktivität des Minerals sollten Mineralproben vom Metarauchit nur in staub- und strahlungsdichten Behältern, vor allem aber niemals in Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen aufbewahrt werden. Ebenso sollte eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Mundschutz und Handschuhe getragen werden.

Siehe auch

Literatur

  • Peter A. Williams, Frédéric Hatert, Marco Pasero: New minerals approved in 2008. Hrsg.: International Mineralogical Association. 2008, S. 1–13; hier: ab 9, IMA No. 2008-050 (englisch, rruff.info [PDF; 143 kB; abgerufen am 23. Juli 2025]).
  • Jakub Plášil, Jiří Sejkora, Jiří Čejka, Milan Novák, Joan Viñals, Petr Ondruš, František Veselovský, Pavel Škácha, Jan Jehlicka, Viktor Goliáš, Jan Hloušek: Metarauchite, Ni(UO2)2(AsO4)2·8H2O, from Jáchymov, Czech Republic, and Schneeberg, Germany: A new member of the autunite group. In: The Canadian Mineralogist. Band 48, 2010, S. 335–350, doi:10.3749/canmin.48.2.335 (englisch, rruff.info [PDF; 894 kB; abgerufen am 23. Juli 2025]).
  • Glenn Poirier, Kimberly T. Tait, Ralph Rowe: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 96, 2011, S. 936–945 (englisch, rruff.info [PDF; 356 kB; abgerufen am 23. Juli 2025]).
Commons: Metarauchite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2025. (PDF; 3,2 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2025, abgerufen am 23. Juli 2025 (englisch).
  2. a b c Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 23. Juli 2025]).
  3. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. a b c Jakub Plášil, Jiří Sejkora, Jiří Čejka, Milan Novák, Joan Viñals, Petr Ondruš, František Veselovský, Pavel Škácha, Jan Jehlicka, Viktor Goliáš, Jan Hloušek: Metarauchite, Ni(UO2)2(AsO4)2·8H2O, from Jáchymov, Czech Republic, and Schneeberg, Germany: A new member of the autunite group. In: The Canadian Mineralogist. Band 48, 2010, S. 335–350, doi:10.3749/canmin.48.2.335 (englisch, rruff.info [PDF; 894 kB; abgerufen am 23. Juli 2025]).
  5. a b c d e f g h i j Metarauchite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 86 kB; abgerufen am 23. Juli 2025]).
  6. a b David Barthelmy: Metarauchite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 23. Juli 2025 (englisch).
  7. a b c d e Metarauchite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 23. Juli 2025 (englisch).
  8. Catalogue of Type Mineral Specimens – M. (PDF 326 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 23. Juli 2025 (Gesamtkatalog der IMA).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF; 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 23. Juli 2025 (englisch).
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  11. Fundortliste für Metarauchit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 23. Juli 2025.