Kerstin Merz-Atalik

Kerstin Merz-Atalik (* 1964) ist eine deutsche Erziehungswissenschaftlerin. Sie hat seit 2004 eine Professur für Pädagogik bei Behinderung und Benachteiligung / Inklusion an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg in Baden-Württemberg. Seit den 1990er Jahren lehrt und forscht sie insbesondere zur international vergleichenden inklusiven Schulentwicklung, zur Lehrerinnenbildung für Inklusion, zur Steuerung inklusiver Bildungssysteme (Governancetheorie) sowie zur Pädagogik in der Migrationsgesellschaft.[1]

Werdegang

Merz-Atalik ist in Hessen geboren und aufgewachsen. Sie studierte Erziehungswissenschaft auf Diplom mit Schwerpunkt Sonderpädagogik sowie Soziologie und Psychologie im Nebenfach (Diplom 1990) an der Universität Marburg. Die empirische Studie im Rahmen ihrer Diplomarbeit führte sie nach Berlin. Sie arbeitete an Berliner Grundschulen als sozialpädagogische Einzelfallhilfe zur Integration von Kindern mit Förderbedarf in den Bereichen Lernen oder soziale und emotionale Entwicklung (1989–1995). Berufsbegleitend war sie als Lehrbeauftragte an der TU Berlin und der Universität Potsdam tätig und brachte Lehrveranstaltungen zum gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen aus (1990–1995). Zwischen 1995 und 2000 sowie erneut von 2002 bis 2004 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. Assistentin an der Universität Halle in der Rehabilitations- und Integrationspädagogik. In den Jahren 2001 bis 2002 vertrat sie eine Professur für Allgemeine Heil- und Sonderpädagogik an der Universität Gießen. Seit 2004 ist sie Professorin an der PH Ludwigsburg für das Fachgebiet Pädagogik bei Behinderung und Benachteiligung / Inklusion an der Fakultät für Teilhabewissenschaften. Von 2008 bis 2014 vertrat sie das Amt als Prorektorin für Studium, Lehre und internationale Beziehungen.[1]

Forschung und Arbeitsschwerpunkte

Die Lehr- und Forschungsschwerpunkte von Kerstin Merz-Atalik liegen in der inklusiven Lehrerbildung, der Entwicklung inklusiver Schulsysteme im internationalen Raum (Steuerung inklusiver Bildungssysteme, Lehrerinnenbildung für Inklusion) sowie der Zusammenarbeit von pädagogischen Fachkräften in multiprofessionellen Teams. Weitere Themen sind die Gestaltung von Bildungsangeboten und -einrichtungen in der Migrationsgesellschaft und die Entwicklung pädagogischer Konzepte für Vielfalt.

Merz-Atalik begleitete unter anderem ein Schulentwicklungsprojekt an der Evangelischen Grundschule Gotha, das sich mit der Integration von Kindern mit kognitiven Beeinträchtigungen befasste. Sie leitete von 2013 bis 2016 das EU-Projekt Tdivers, Teaching diverse learners in (school)subjects (Kooperation mit Litauen, Schweden, Luxemburg und Spanien).[2] Von 2022 bis 2024 war sie außerdem an dem internationalen Erasmus+-Projekt „GovInEd“ beteiligt, das sich mit der Governance inklusiver Bildung in Schulverwaltungen in 4 europäischen Regionen auseinandersetzte (Österreich, Italien, Spanien und Deutschland).[3]

Mitgliedschaften und Funktionen

Sie war langjähriges Mitglied im Grundschulverband Deutschlands und hatte die Funktion als Referentin für Inklusion. In der Politikberatung zur inklusiven Bildung hat sich Merz-Atalik parteiübergreifend engagiert, zum Beispiel mit der Leitung von Steuerungsgruppen für die Rahmenverordnungen für die Lehrerinnenbildung in Baden-Württemberg (2014), im Kontext von Anhörungsverfahren zu Bildungsplänen (Förderschwerpunkt Lernen, KMK 2018) oder in Landtagsdebatten zur gesetzlichen Regelung von inklusiver Bildung (z. B. Bayern 2010; BW 2013). Sie war Gutachterin für den Schwerpunkt Heterogenität und Inklusion im Auswahlgremium der Qualitätsoffensive Lehrerbildung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF, 2015–2023). In den letzten Jahren kommentierte sie mehrfach die Entwicklungen zur Inklusion in der Schule und der Lehrerbildung[4].

Schriften (Auswahl)

  • Merz-Atalik, K. (2025). Die inklusive Lehrperson. Leitlinien einer transformativen Lehrerbildung. Stuttgart: Kohlhammer.
  • Buckley, A., Dowling, G., Merz-Atalik, K., Mohammadi, M. (2025). Utopias - Where to go from here? Inspiring ideas for schools of tomorrow. In: All means all! Open Textbook for diversity in education. An Open Textbook for an inclusive and intersectional, multidimensional approach in teacher education. A community project from all-means-all.education. https://book.all-means-all.education/ama-2025-en/#toc-front-matter-4
  • Merz-Atalik, K. (2025). Zur Bedeutung und Herstellung von Resilienz im Transformationsprozess – Inklusive Bildung und die ‚Zumutung‘ eines Lernens aus der Zukunft!? In: Bešić, E.; Gasteiger-Klicpera, B.; Ender, D. (Hrsg.). Resilienz. Inklusion. Lernende Systeme. Herausgeberband der 37. Jahrestagung der Inklusionsforscher*innen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
  • Merz-Atalik, K. (2025). Transformationsstrategien zu inklusiven Bildungssystemen – Hinderliche und begünstigende Faktoren für den Prozess. In M. T. Wicki & M. Tormänen (Hrsg.), Bildung für alle stärken. Handbuch evidenzbasierte Entwicklung inklusiver Schulen (S. 69–83). Bad Heilbrunn: Klinkhardt. https://www.pedocs.de/volltexte/2025/33217/pdf/Merz-Atalik_2025_Transformationsstrategien_zu_inklusiven.pdf
  • Merz-Atalik, K. & Beck, K. (2022). (Dis-)Kontinuitäten in der inklusiven Schulreformentwicklung – Entwicklungslinien in Baden-Württemberg (Deutschland) und Südtirol (Italien) im Vergleich. In Koenig, O. (Hrsg.). Inklusion und Transformation in Organisationen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. S. 148–165.
  • Kruschel, R. (Hrsg.), & Merz-Atalik, K. (Hrsg.). (2023). Steuerung von Inklusion!? Governance Prozesse auf den Ebenen des Schulsystems. Reihe Educational Governance. Wiesbaden: Springer Verlag VS.
  • Christou, T.M. (Hrsg.), Kruschel, R. (Hrsg.), Merz-Atalik, K. (Hrsg.), & Matheson, I.A. (Hrsg.). (2022). European Perspectives on Inclusive Education in Canada: Critical Comparative Insights. Taylor & Francis: Routledge Research in International and Comparative Education (seit 2024 auch als E-book erhältlich).
  • Merz-Atalik, K. (2022). Canada as a „Driving Force“ for Inclusion Activists in European Countries? In Christou, T.M. (Hrsg.), Kruschel, R. (Hrsg.), Merz-Atalik, K. (Hrsg.), & Matheson, I.A. (Hrsg.). European Perspectives on Inclusive Education in Canada, Taylor & Francis: Routledge. S. 9–34.
  • Jerg, J. (Hrsg.), Merz-Atalik, K. (Hrsg.), Thümmler, R. (Hrsg.), & Tiemann, H. (Hrsg.). (2009). Perspektiven auf Entgrenzung. Erfahrungen und Entwicklungsprozesse im Kontext von Inklusion und Integration. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
  • Merz-Atalik, K. & Methe, S. (2004). Leistung ohne Selektion – Eltern, Erzieher und Lehrer der Evangelischen Grundschule Gotha zur Fortsetzung des integrativen Unterrichts in der Sekundarstufe. In: Gemeinsam Leben, Heft 2, S. 97–104.

Einzelnachweise

  1. a b Lebenslauf Frau Prof. Dr. Kerstin Merz-Atalik | PH Ludwigsburg. Abgerufen am 18. August 2025.
  2. Forschungsaktivitäten Frau Prof. Dr. Kerstin Merz-Atalik | PH Ludwigsburg. Abgerufen am 18. August 2025.
  3. GovInEd , Bildungsdirektion Steiermark. Abgerufen am 18. August 2025.
  4. (z.B. im Radio Interview des SWR)