Katzen-Gamander

Katzen-Gamander

Katzen-Gamander (Teucrium marum)

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Ajugoideae
Gattung: Gamander (Teucrium)
Art: Katzen-Gamander
Wissenschaftlicher Name
Teucrium marum
L.

Der Katzen-Gamander (Teucrium marum), auch Amberkraut und Katzenkraut genannt,[1] ist eine Pflanzenart aus der Gattung Gamander (Teucrium) in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Der aromatische Halbstrauch ist auf Inseln des westlichen Mittelmeerraums verbreitet und wird gelegentlich als Zierpflanze und Duftpflanze für Katzen („Katzenkraut“) verwendet.

Beschreibung

Illustration von Pierre-Joseph Redouté in Traité des arbres et arbustes que l'on cultive en France en pleine terre, Paris, 1801.
Blüten

Vegetative Merkmale

Der Katzen-Gamander ist ein immergrüner, aromatischer Halbstrauch, der Wuchshöhen von 20 bis 50 Zentimeter erreicht. Die schlanken, steifen und zerbrechlichen Sprosse sind weißwollig behaart und im unteren Teil mehr oder weniger verzweigt. Die sitzenden, etwa 10 Millimeter langen Laubblätter sind schmal lanzettlich bis rhombisch, meist ganzrandig mit umgebogenen Rändern und unterseits graufilzig behaart.[2][1]

Generative Merkmale

Die Blütezeit reicht von Juni bis August. Der 6 bis 7 Millimeter lange, lang abstehende, zottig behaarte Blütenkelch besitzt dreieckige Kelchzähne.[3] Die 1 bis 1,2 Zentimeter langen, rosapurpurnen Blüten stehen einzeln oder zu zweit in den Achseln der oberen Blätter und bilden einen schlanken, ährenartigen Blütenstand.[2][1]

Chromosomensatz

Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 15; es tritt Diploidie mit einer Chromosomenzahl von 2n = 30 auf.[4][5]

Vorkommen

Der Katzen-Gamander ist auf Korsika und an der französischen Mittelmeerküste von Hyères, auf den italienischen Inseln Sardinien, Capraia, Montecristo und Gorgona und auf der kroatischen Insel Murter verbreitet. Er besiedelt dort sonnige Hanglagen der trockenen und steinigen Garrigues auf Kalk- und Granitböden in Höhenlagen von 0 bis 1200 (selten bis zu 1700) Metern.[6][7]

Früher wurde der Katzen-Gamander als Heilpflanze an vielen Orten angebaut, beispielsweise am Luganersee, am Lago Maggiore, auf den Borromäischen Inseln sowie in den italienischen Regionen Marken, Abruzzen und Sizilien. Er verwilderte dort, ist inzwischen jedoch wieder weitgehend verschwunden.[6]

Systematik

Die Erstveröffentlichung von Teucrium marum erfolgte im Jahr 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus II, S. 564.[8][9] Das Artepitheton marum ist ein im 1. Jahrhundert von Plinius dem Älteren in Naturalis historia verwendeter Pflanzenname,[10] dessen Herkunft und genaue Bedeutung nicht geklärt sind. Er könnte von lateinisch amarus („bitter“) abgeleitet sein. Ein Synonym für Teucrium marum ist Chamaedrys marum (L.) Moench.[9]

Phylogenetische Analysen zeigen eine enge Verwandtschaft des Katzen-Gamanders mit dem Edel-Gamander (Teucrium chamaedrys L.) und dem Schwachdornigen Gamander (Teucrium subspinosum Pourr. ex Willd.).[11] Letzterer kommt endemisch auf den spanischen Balearen vor und unterscheidet sich vom dornenlosen Katzen-Gamander durch seine holzigen, nicht stechenden Dornen an den Zweigspitzen.[12][6] Aufgrund seiner sonstigen morphologischen Ähnlichkeit wurde der Schwachdornige Gamander von verschiedenen Autoren auch als Varietät, Form oder Unterart des Katzen-Gamanders beschrieben.[13]

Verwendung

In der traditionellen Medizin wird der Katzen-Gamander aufgrund seiner harntreibenden, nervenstärkenden, stimulierenden, entzündungshemmenden und fiebersenkenden Eigenschaften eingesetzt. Die Wurzelrinde wirkt besonders stark adstringierend und wird zur Blutstillung verwendet.[14] Aufgrund seiner krampflösenden und den Gallenfluss fördernden Eigenschaften wurde der Katzen-Gamander vor allem zur Behandlung von Magen-, Darm- und Gallenbeschwerden eingesetzt. Da bei der Nutzung anderer Teucrium-Arten jedoch Leberschäden bekannt wurden, wird auch der Katzen-Gamander nur noch selten medizinisch verwendet. Die enthaltenen Clerodane gelten als Ursache der Nebenwirkungen.[15]

Der Katzen-Gamander enthält zahlreiche weitere sekundäre Pflanzenstoffe. So wurden im ätherischen Öl, das durch Wasserdampfdestillation aus getrockneten Laubblättern gewonnen wird, 90 Inhaltsstoffe identifiziert. Die Hauptbestandteile des ätherischen Öls sind Dolichodial, β-Bisabolen und β-Caryophyllen. Dolichodial wird als umweltfreundliches Insektizid eingesetzt und β-Caryophyllen wirkt antimikrobiell und entzündungshemmend. Die Zusammensetzung des ätherischen Öls hängt stark von der geografischen Herkunft und den Klimabedingungen ab. So besitzen die Küstenpopulationen Sardiniens einen höheren Anteil an Dolichodial als die korsischen Populationen[16] oder die Bergpopulationen Sardiniens. Letztere produzieren dagegen mehr β-Caryophyllen. Es wird vermutet, dass die Küstenpopulationen in den heißen und trockenen Sommern mehr Dolichodial produzieren, um Insektenschäden zu begrenzen, während die Bergpopulationen im feuchteren Klima mit β-Caryophyllen die Entwicklung von Bakterien und Pilzen hemmen.[17][18]

Der starke Geruch des Katzen-Gamanders lockt Katzen an.[2] Sie reiben ihren Kopf an den Pflanzen und wälzen sich gerne darauf herum.[19] Das beim Reiben der Blätter freigesetzte Dolichodial wirkt auf Katzen ähnlich euphorisierend wie die anderen Iridoide[20] Nepetalacton in der Echten Katzenminze und Actinidin im Echten Baldrian und im Japanischen Strahlengriffel.[21] Es wird vermutet, dass das Einreiben mit dem ätherischen Öl eine biologische Funktion erfüllt. Der Geruch hält lästige Insekten fern und hilft den Katzen so, während der Beobachtung von Beutetieren still zu sitzen.[22][23]

Der Katzen-Gamander wird gelegentlich als Zierpflanze für vollsonnige, trockenwarme Steingärten, Kiesgärten und Trockenmauern genutzt. Er hält winterliche Temperaturen nur bis etwa −12 °C (Zone 8) aus[24] und ist daher in vielen mitteleuropäischen Lagen nicht ganz winterhart. Außerdem wird er meist früher oder später von Katzen zerstört, was sich fast nur durch eine Drahthaube verhindert lässt.[1]

Literatur

  • Leo Jelitto, Wilhelm Schacht, Hans Simon: Die Freiland-Schmuckstauden, Handbuch und Lexikon der Gartenstauden. Band 2: I bis Z. 5., völlig neu bearbeitete Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2002, ISBN 3-8001-3265-6, S. 888.
Commons: Katzen-Gamander (Teucrium marum) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Leo Jelitto, Wilhelm Schacht, Hans Simon: Die Freiland-Schmuckstauden, Handbuch und Lexikon der Gartenstauden. 5., völlig neu bearbeitete Auflage. 2: I bis Z. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2002, ISBN 3-8001-3265-6, S. 888.
  2. a b c Peter Schönfelder, Ingrid Schönfelder: Die neue Kosmos-Mittelmeerflora. Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-440-10742-3, S. 266.
  3. Thomas Meyer, Michael Hassler: Datenblatt Teucrium marum mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Mittelmeer- und Alpenflora.
  4. Eva Bayón: Números cromosomáticos de plantas occidentales, 574–581. In: Anales del Jardín Botánico de Madrid. Band 47, Nr. 1, 1989, S. 189–192.
  5. Prof. Itay Mayrose Lab: The ploidy database (PloiDB): Gattung TeucriumPloidieliste
  6. a b c T. marum und T. subspinosum in der Flora d'Italia
  7. Alfredo Maccioni, Danilo Falconieri, Cinzia Sanna, Silvia Porcedda, Alessandra Piras, Andrea Maxia: Characterization of Essential Oils from Different Taxa Belonging to the Genus Teucrium in Sardinia Island, Italy. In: Plants. Band 10, Nr. 7, Juli 2021, S. 1359, doi:10.3390/plants10071359.
  8. Carl von Linné: Species Plantarum. Band 2, Impensis Laurentii Salvii, Holmiae 1753, S. 564, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttps%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fpage%2F358585~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  9. a b Datenblatt Teucrium marum L. bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  10. Plinius der Ältere: Maron. In: Naturalis historia. Buch 12, Kapitel 53. Italia 77. (Englische Übersetzung von John Bostock, perseus.tufts.edu Perseus Digital Library).
  11. Yasaman Salmaki, Stefan Kattari, Günther Heubl, Christian Bräuchler: Phylogeny of non‐monophyletic Teucrium (Lamiaceae: Ajugoideae): Implications for character evolution and taxonomy. In: Taxon. Band 65, Nr. 4, August 2016, S. 805–822, doi:10.12705/654.8.
  12. Thomas Meyer, Michael Hassler: Datenblatt Teucrium subspinosum mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Mittelmeer- und Alpenflora.
  13. Datenblatt Teucrium subspinosum Pourr. ex Willd. bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  14. Rossella Gagliano Candela, Sergio Rosselli, Maurizio Bruno, Gianfranco Fontana: A review of the phytochemistry, traditional uses and biological activities of the essential oils of genus Teucrium. In: Planta Medica. Band 87, Nr. 6, Dezember 2020, S. 432–479, doi:10.1055/a-1293-5768.
  15. Peter Schönfelder, Ingrid Schönfelder: Der Kosmos-Heilpflanzenführer. Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-440-12159-7, S. 248.
  16. Donata Ricci, Daniele Fraternale, Laura Giamperi, Anahi Bucchini, Francesco Epifano, Giovanni Burini, Massimo Curini: Chemical composition, antimicrobial and antioxidant activity of the essential oil of Teucrium marum (Lamiaceae). In: Journal of Ethnopharmacology. Band 98, Nr. 1–2, April 2005, S. 195–200, doi:10.1016/j.jep.2005.01.022.
  17. Thomas Eisner, Maria Eisner, Daniel J. Aneshansley, Chia-Li Wu, Jerrold Meinwald: Chemical defense of the mint plant, Teucrium marum (Labiatae). In: Chemoecology. Band 10, Nr. 4, Dezember 2000, S. 211–216, doi:10.1007/PL00001825.
  18. Alfredo Maccioni, Silvia Macis, Marc Gibernau, Emmanuele Farris: Phytochemical diversity within and among Sardinian populations of the endemic Teucrium marum L.(Lamiaceae) is determined by ecological factors. In: Heliyon. Band 9, Nr. 7, Juni 2023, doi:10.1016/j.heliyon.2023.e17728.
  19. Barbara Voit: Gizmo auf Katzen-Gamander auf YouTube, abgerufen am 3. September 2025.
  20. Samuel J. Smit, Sefa Ayten, Barbara A. Radzikowska, John P. Hamilton, Swen Langer, William P. Unsworth, Tony R. Larson, C. Robin Buell, Benjamin R. Lichman: The genomic and enzymatic basis for iridoid biosynthesis in cat thyme (Teucrium marum). In: The Plant Journal. Band 118, Nr. 5, März 2024, S. 1589–1602, doi:10.1111/tpj.16698.
  21. Sebastiaan Bol, Jennifer Fuentes, Rolando Garza, Evelien M. Bunnik: How Plants Make Cats Happy. In: Frontiers for Young Minds. Band 11, August 2023, S. 1057606, doi:10.3389/frym.2023.1057606.
  22. Sofia Moutinho, Januar 2021: Why cats are crazy for catnip. bei sciencemag.org
  23. Reiko Uenoyama, Tamako Miyazaki, Jane L. Hurst, Robert J. Beynon, Masaatsu Adachi, Takanobu Murooka, Ibuki Onoda, Yu Miyazawa, Rieko Katayama, Tetsuro Yamashita, Shuji Kaneko, Toshio Nishikawa, Masao Miyazaki: The characteristic response of domestic cats to plant iridoids allows them to gain chemical defense against mosquitoes. In: Science Advances. Band 7, Nr. 4, Januar 2021, S. 1–14, doi:10.1126/sciadv.abd9135.
  24. Datenblatt mit Fotos und Verbreitung in Italien bei Flora Italiana in Schede di Botanica