Jan Strelau

Jan Strelau (2007)

Jan Strelau (* 30. Mai 1931 in Danzig; † 4. August 2020 in Warschau) war ein polnischer Psychologe und emeritierter Professor an der Warsaw School of Social Psychology, der heutigen Uniwersytet Humanistycznospołeczny.

Leben

Er verbrachte seine Kindheit und frühe Jugend in Pommern, und zwar in Dirschau bis 1947, dann in Bütow und Stolp, wo er die Matura ablegte. In der Stalinzeit wurde er Opfer politischer Verfolgung. Da er sich nicht zum Dienst für den Sicherheitsdienst rekrutieren ließ, wurde er 1950 von der Mittelschule in Bytów verwiesen. Danach folgte ein Psychologiestudium an der Katholischen Universität Lublin und nach zwei Jahren Studium in Lublin das Studium an der Universität Warschau. Während seines Psychologiestudiums an der Universität Warschau wurde er 1956 drei Monate lang aus politischen Gründen inhaftiert, wurde dann aber aufgrund einer Amnestie freigelassen. An der Universität Warschau fertigte er unter der Leitung von Tadeusz Tomaszewski 1958 seine Magisterarbeit zum Thema Die Bewegungsabläufe der Nervenprozesse im visuellen und auditiven Analysesystem des Menschen an. Seine Doktorarbeit im Fach Psychologie schrieb er 1963 unter der Leitung von Mieczysław Kreutz zu dem Thema Die Veränderlichkeit der Eigenschaften des Nervensystems in Abhängigkeit von der Art der unkonditionierten Reize, die bei der Untersuchung typologischer Merkmale mit der reflexkonditionierten Methode verwendet werden. 1968 erfolgte seine Habilitation mit der Arbeit Temperament und Typ des Nervensystems. 1976 wurde er außerordentlicher und 1982 ordentlicher Professur an der Universität Warschau. Von 1978 bis 1981 war er hier Direktor des Instituts für Psychologie. 2001 wurde er Professor an der privaten Universität für Geistes- und Sozialwissenschaften (SWPS University, gegründet 1996 als Szkoła Wyższa Psychologii Społecznej). Dort war er der erste Dekan der Fakultät für Psychologie und bekleidete 2002 das Amt des Prorektors für Wissenschaft und internationale Zusammenarbeit.

Werk

Er arbeitete auf den Gebieten der Differentiellen, Klinischen und Medizinischen Psychologie. Dabei untersuchte er individuelle verhaltensgenetische Unterschiede, Temperamentseigenschaften und individuelle Reaktionsunterschiede auf extreme Stressoren. Dazu gehörte auch die Entwicklung geeigneter Erhebungsmethoden um Temperamentsmerkmale zu erfassen. Neben Erfassungsmethoden zur Diagnose von Temperament und Persönlichkeit kamen später auch Forschungsinstrumente zur Erfassung psychopathologischer Tendenzen hinzu. Seine Studien über Stress und die Rolle des Temperaments konzentrierten sich auf die Folgen von extremem Stress im Zusammenhang mit dem Erleben von technologischen und natürlichen Katastrophen.

Ehrungen/Positionen

  • 2017: Ehrenbürger der Stadt Tczew
  • 2016: Ehrendoktorwürde und der SWPS
  • 2015: Tadeusz-Kotarbiński-Preis von der Universität Łódź
  • 2012: Lifetime Achievement Award der European Association of Personality Psychology
  • 2009: Preis des Ministerpräsidenten der Republik Polen
  • 2006: Ehrendoktorwürde der Adam-Mickiewicz-Universität Posen
  • 2000: Preis der Stiftung für polnische Wissenschaft im Jahr für die Monografie Temperament: A psychological perspective
  • 1998: Ehrendoktorwürde der Staatlichen Universität für Geisteswissenschaften in Moskau
  • 1997: New European Prize for Higher Education and Research
  • 1996: Ehrendoktorwürde der Universität Danzig
  • 1993–1995: Präsident der International Society for the Study of Individual Differences (ISSID)[1]
  • 1992: Max Planck-Forschungspreis-Programm[2]
  • 1992: Fellow am Netherlands Institute for Advanced Study (NIAS)[3]
  • 1991: Gastaufenthalt an der Universität Bielefeld, gefördert durch die Alexander-von-Humboldt-Stiftung
  • 1990: Humboldt-Forschungspreis-Programm für Geisteswissenschaftler*innen
  • Jan Strelau’s Program der International Society for the Study of Individual Differences (ISSID)
  • Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften Academia Europaea
  • Ausländisches Mitglied der Finnischen Akademie der Wissenschaften

Publikationen (Auswahl)

Monografien
  • Różnice indywidualne (dt. Individuelle Differenzen. Geschichte – Determinanten – Anwendungen). Scholar, Warschau 2014.
  • Temperament as a regulator of behavior: After fifty years of research. Eliot Werner Publications, Clinton Corners 2008.
  • Temperament: A psychological perspective. Plenum Press, New York 1998.
  • Temperament, personality, activity. Academic Press, London 1983 (chin. Ausgabe Beijing: Liaoning People Press, 1987).
  • Mit Alois Angleitner; Benjamin H. Newberry: The Pavlovian temperament survey: (PTS); an international handbook. Hogrefe and Huber, Göttingen 1999, ISBN 0-88937-204-7.
  • Das Temperament in der psychischen Entwicklung. Volk und Wissen, Berlin 1984.
    • Poln. Ausgabe: Rola temperamentu w rozwoju psychicznym
Zeitschriftenartikel/Buchbeiträge
  • Mit Anastasia Kalantzi-Azizi; Sofia Christakopoulou; Kostas Mylonas: Μέτρηση της Ιδιοσυγκρασίας για ενήλικες με το Pavlovian Temperament Survey: Προκαταρκτικά ευρήματα για την ελληνική έκδοση και διαπολιτισμική αξιολόγηση (dt. Messung der Temperamentstärke bei Erwachsenen mit dem Pavlovian Temperament Survey: Vorläufige Ergebnisse für die griechische Version und interkulturelle Bewertung). In: Psychology the Journal of the Hellenic Psychological Society, 2020.
  • Mit Maria Bierzynska; Pamela Anna Sobczak; Anna Kozak; Malgorzata Maria Kossut: No Risk, No Differences. Neural Correlates of Temperamental Traits Revealed Using Naturalistic fMRI Method. In: Frontiers in Psychology, 2019, 10.
  • Mit Maria Bierzynska; Maksymilian Bielecki; Artur Marchewka; Malgorzata Kossut: Effect of Frustration on Brain Activation Pattern in Subjects with Different Temperament. In: Frontiers in Psychology, 2016, 6.
  • Mit Pawel Matusz; Jakub Traczyk; Agata Sobków: Individual differences in emotional reactivity moderate the strength of the relationship between attentional and implicit-memory biases towards threat-related stimuli. In: Journal of Cognitive Psychology, 2015, 27 (6), S. 715–724.
  • Mit B. Zawadzki: Fearfulness and anxiety in research on temperament: Temperamental traits are related to anxiety disorders. In: Personality and Individual Differences, 2011, 50, S. 907–915.
  • Mit B. Zawadzki: Structure of personality: Search for a general factor viewed from a temperament perspective. In: Personality and Individual Differences, 2010, 49, S. 77–82.
  • Mit B. Zawadzki: The formal characteristics of behavior – temperament inventory (FCB-TI): Theoretical assumptions and scale construction. In: European Journal of Personality, 1995, 37, S. 313–336.
Commons: Jan Strelau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

Einzelnachweise

  1. Former Officers and Directors of ISSID, abgerufen am 30. August 2025.
  2. Prof. Dr. Jan Strelau auf Alexander-von-Humboldt-Stiftung, abgerufen am 30. August 2025.
  3. Strelau, J. am Netherlands Institute for Advanced Study, abgerufen am 30. August 2025.