Henkersmahlzeit
Als Henkersmahlzeit (engl. „Last Meal“) wird die letzte Mahlzeit einer zum Tode verurteilten Person vor ihrer Hinrichtung bezeichnet. Es wird in der Regel auf Wünsche des Verurteilten Rücksicht genommen. In vielen Ländern der Welt werden die Wünsche von Verurteilten im Gefängnis ermöglicht. Ob und unter welchen Umständen dieser letzte Wunsch gewährt wird, ist unterschiedlich.
Schon vor Jahrhunderten wurden die letzten Mahlzeiten – insbesondere bei berühmten Persönlichkeiten oder berüchtigten Straftätern – in vielen Fällen aufgezeichnet.
Geschichte und Allgemeines
Die Tradition, zum Tode Verurteilte ihre letzte Mahlzeit auswählen zu lassen, war nicht nur in Europa verbreitet, wo sie bis ins 14. Jahrhundert nachgewiesen wurde.[1]
Im Alten Ägypten galt es als Bestätigung des Todesurteils, Verurteilten Zugang zu den Speisen von der Tafel des Herrschers zu gewähren. Die Annahme, dass die Praxis der Henkersmahlzeit christlichen Ursprungs sein könnte, wurde durch historische Berichte aus Asien widerlegt. So war es beispielsweise im Perserreich üblich, Essens- und Getränkewünsche von Todeskandidaten zu berücksichtigen.[1]
Der Kriminologe Hans von Hentig sieht das Ziel der Henkersmahlzeit darin, Rechtsfrieden zwischen dem Hinzurichtenden und den Vollstreckern der Todesstrafe zu demonstrieren.
Der Philosoph Wolfram Eilenberger bezeichnet die Tradition der Henkersmahlzeit als „paradoxes Privileg“, da das Leben des Verurteilten ausgelöscht sein wird, „noch bevor die Nahrung verdaut ist“.[1]
Je größer das öffentliche Interesse an dem verhandelten Fall und der verurteilten Person war, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die letzten Essenswünsche dokumentiert und bekannt wurden.
USA
In den USA wird versucht, dem Verurteilten jeden Essenswunsch zu ermöglichen. Allerdings beschränkt sich dies oft auf Produkte, die lokal erhältlich sind und in der Gefängnisküche zubereitet werden können. Es gibt in der Regel eine finanzielle Obergrenze, in Florida beträgt sie 40 US-Dollar.[2] Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976 werden Todeskandidaten keine alkoholischen Getränke mehr serviert.[3]
Erfahrungen aus den Vollzugsanstalten zeigen, dass lediglich eine geringe Anzahl von zum Tode Verurteilten auf ihr sogenanntes Last Meal verzichtet. Das am meisten gewünschte Essen ist Cheeseburger. Andere Auswertungen haben ergeben, dass sich mehr als die Hälfte der in Huntsville Hingerichteten entweder Burger, Steak oder Hühnchen wünschten.[3] Unter den Henkersmahlzeiten, die (zwischen 1984 und 2001) in texanischen Todeszellen serviert wurden, waren jedoch auch eine einfache Schüssel Cornflakes, eine Portion Eis, ein Apfel oder die Lieblingssüßigkeiten.[4]
Nach Beschwerden, das hohe öffentliche Interesse an solchen Mahlzeiten sei geschmacklos, wurden diese Informationen in Texas seit 2003 nicht mehr auf der Website der Justizverwaltung veröffentlicht.[5] Nachdem Lawrence Brewer im September 2011 eine üppige Mahlzeit bestellt, diese aber nicht angerührt hatte, beschwerte sich der texanische Senator John Whitmire darüber. Die Henkersmahlzeit sei ein „extrem unangemessenes Privileg“, da schließlich die Opfer auch kein Recht darauf gehabt hätten. Wenig später wurde die Praxis einer Henkersmahlzeit in Texas eingestellt.[6] Die offizielle Begründung lautete, dass auch die Opfer der Mörder ein solches Privileg nicht genossen hätten.[7]
Einige Beispiele

- Ludwig XVI., Frankreich, 1772, verurteilt wegen Hochverrats; gebratenes Hähnchen, gekochtes Rindfleisch und pürierte Rüben sowie etwas Gemüse, zwei Gläser Wein (mit Wasser verlängert), etwas Gebäck, ein Stück Biskuitkuchen und ein Glas Malaga-Wein.[8]
- Peter Kürten, Deutschland 1931, Serienmörder; Wiener Schnitzel und Bratkartoffeln mit einer Flasche Weißwein. Sogar der erbetene Nachschlag wurde ihm gewährt.[9]
- Ted Bundy USA, 1989, verurteilter Serienmörder; Steak, Eier, Toast mit Butter und Marmelade, ein Glas Saft und ein Glas Milch[10]
- Timothy McVeigh, USA 2001, verurteilt für den Bombenanschlag von Oklahoma City; 1 Liter Pfefferminz-Schokoladen-Eiscreme[11]
Literatur
- Hans von Hentig: Punishment. Its origin, purpose and psychology. Hodge, London u. a. 1937.
- Hans von Hentig: Vom Ursprung der Henkersmahlzeit. Mohr, Tübingen 1958.
- Michel Foucault: Discipline and punish. The birth of the prison. Pantheon Books, New York NY 1977, ISBN 0-394-49942-5.
- Richard van Dülmen: Theatre of horror. Crime and punishment in early modern Germany. Polity Press, Oxford 1990, ISBN 0-7456-0616-4.
Einzelnachweise
- ↑ a b c Helmut Ortner: Das bizarre Privileg des letzten Mahls. vom 21. September 2022 Humanistischer Pressedienst, abgerufen am 4. Mai 2025
- ↑ Death Row Fact Sheet ( des vom 12. Juni 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Florida Department of Corrections
- ↑ a b Das letzte Mahl. vom 31. August 2022 Humanistischer Pressedienst, abgerufen am 4. Mai 2025
- ↑ "Last Meals" Das letzt Ma(h)l: Diese Henkersmahlzeiten wünschten sich Straftäter vor ihrer Hinrichtung. vom 6. Mai 2024 Der Stern, abgerufen am 4. Mai 2025
- ↑ Last-meal request page taken down from Texas corrections Web site ( des vom 4. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.. The Seattle Times, 13. Dezember 2003
- ↑ Texas streicht Todeskandidaten Henkersmahlzeit, orf.at, 23. September 2011
- ↑ Aus diesem bitteren Grund wurde in Texas die Henkersmahlzeit abgeschafft. vom 11. Mai 2019 tz, abgerufen am 4. Mai 2025
- ↑ William Finlator: The Cruel Humour Of The 'Last Meal'. Why the state always gets the last laugh. vom 21. März 2024 The Saint, Studentenzeitschrift an der University of St Andrews, abgerufen am 4. Mai 2025
- ↑ Gero von Randow: Henkersmahlzeit: Ein letzter Bissen. vom 19. Dezember 2013 Die Zeit, abgerufen am 4. Mai 2025
- ↑ Eis, Toast und Pommes: Der Fotograf Henry Hargreaves hat die letzten Mahlzeiten von Todeskandidaten in den USA nachgestellt. vom 11. April 2017 Berliner Morgenpost, abgerufen am 4. Mai 2025
- ↑ Last meals of death row inmates. Timothy McVeigh. vom 2. November 2015 The Saint, Studentenzeitschrift an der CBS News, abgerufen am 4. Mai 2025