Germaine Duparc
Germaine Duparc (* 11. März 1916 in Genf; † 6. Januar 2008 ebenda) war eine Schweizer Anthropologin, Pädagogin und Wegbereiterin der frühkindlichen Erziehung.[1] Als Professorin für Erziehungswissenschaften prägte sie die Bildungslandschaft der Schweiz und setzte international Masstäbe in der Vorschulpädagogik.[2] Duparc ermutigte zahlreiche Mädchen und junge Frauen, eine akademische Laufbahn einzuschlagen[3], und setzte sich für die Anerkennung ihrer Arbeit ein.[4] Auch die ehemalige Bundesrätin Ruth Dreyfuss gehörte zu ihren Schülerinnen.[3]
Leben
Germaine Duparc wurde als einzige Tochter des Architekten Etienne Duparc und der Kindergärtnerin Emma Lugon geboren.[1] Ihre Eltern vertraten humanistische Werte und waren der Reformpädagogik nahe.[1] Sie besuchte ab 1921 die Versuchsschule Maison des Petits Palets, in der ihre Mutter unterrichtete, und schloss 1935 ihre Schulzeit mit der Matura an der Höheren Töchterschule in Genf ab.[1]
Im Anschluss studierte Duparc Biologie an der Universität Genf mit den Schwerpunkten Anthropologie und Urgeschichte.[1] 1937 schloss sie ihr Studium mit dem Lizenziat ab und promovierte 1942 bei Eugène Pittard. Parallel dazu assistierte sie in dessen Laboratorium.[1] Aufgrund der damaligen Geschlechterrollen konnte Duparc keine feste Anstellung an einer Universität erhalten und unterrichtete von 1938 bis 1945 Naturwissenschaften am Collège Calvin.[1] Ab 1940 nahm sie am Collège Calvin eine Stelle als Professorin für Naturwissenschaften an und war die erste Frau, die dort Jungen unterrichtete.[4]
Germaine Duparc blieb unverheiratet und hatte keine Kinder. Sie pflegte eine enge Beziehung zu ihrer ehemaligen Schülerin Ruth Dreifuss, mit der sie bis in die 1990er-Jahre im Austausch stand.[1]
Wirken
1942 übernahmen Mina Audemars und Louise Lafendel die Leitung der Maison des Petits und boten Germaine Duparc an, ihre Nachfolge anzutreten.[1] Nach dem Erwerb eines Diploms in Pädagogik (1943) und des Kindergärtnerinnenpatents (1944) führte sie die Schule von 1945 bis 1978.[1] Ihr pädagogisches Konzept stellte die Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt des Lernprozesses.[1] Dabei orientierte sie sich an den Prinzipien der Éducation nouvelle.[3] Ihre Arbeit wurde durch zahlreiche Veröffentlichungen dokumentiert, darunter das Liederbuch "Chante, mon petit!".[4]
Duparc gehörte zu den Gründerinnen des Schweizer Nationalkomitees der Organisation Mondiale pour l’Éducation Préscolaire (OMEP) und erhielt internationale Anerkennung.[1]
Ab 1945 war Duparc Lehrbeauftragte am Institut Jean-Jacques Rousseau unter der Co-Leitung von Jean Piaget.[1] Sie lehnte jedoch eine Mitarbeit in dessen Laboratorium für experimentelle Psychologie ab, um ihre Unabhängigkeit zu wahren.[1] 1960 wurde sie zur Professorin für Erziehungswissenschaften ernannt und 1974 zur ordentlichen Professorin an der Fakultät für Psychologie und Erziehungswissenschaften der Universität Genf berufen.[1] 1980 erhielt sie den Titel der Honorarprofessorin.[1]
Trotz ihrer pädagogischen Laufbahn blieb Duparc ihrer ursprünglichen Passion für Anthropologie und Urgeschichte treu.[4] Von 1938 bis Ende der 1960er-Jahre nahm sie regelmässig an archäologischen Ausgrabungen in der französischen Dordogne teil.[4]
Auszeichnungen und Ehrungen
Duparc war Teil des Projekts 100Elles, das bedeutende Frauen in der Geschichte Genfs würdigt, und wird dort als eine der einflussreichsten Pädagoginnen ihrer Zeit geführt.[4]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p Sabine Lorenz-Schmidt: Germaine Duparc. In: Historisches Lexikon der Schweiz. Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften, 13. Juni 2022, abgerufen am 26. November 2024.
- ↑ Germaine Duparc. In: Archiv Universität Genf. Abgerufen am 27. November 2024 (französisch).
- ↑ a b c Germaine Duparc. In: hommage2021.ch. Abgerufen am 27. November 2024.
- ↑ a b c d e f Germaine Duparc. In: 100elles.ch. Abgerufen am 27. November 2024 (französisch).