Frank Gotthardt (Unternehmer)
Frank Rudolf Gotthardt (* 28. August 1950 in Siegen) ist ein deutscher Informatiker und Unternehmer aus Koblenz. Gotthardt ist Gründer und Verwaltungsratsvorsitzender des Software-Unternehmens CompuGroup Medical SE & Co KGaA (CGM), das weltweit rund 8700 Mitarbeiter beschäftigt. Es gehört zu den größten IT-Unternehmen im Gesundheitsbereich und machte 2024 einen Umsatz von 1,15 Milliarden Euro.[1] Es hält einen Anteil von über 50 % in der Telematik Infrastruktur im deutschen Gesundheitswesen.
Für jährlich zweistellige Millionenbeträge lässt er rechtspopulistische Inhalte des AfD-nahen Deutschland-Kuriers über seine neu-rechten Krawall-Medienprojekte NiUS und exxpress verbreiten.[2][3][4][5][6] Diese operieren unter den von ihm gegründeten Aktiengesellschaften VIUS Management SE und Vius SE.[7][8][9][10] Darüber hinaus betreibt Gotthardt die drei Fernsehsender DRF1, TV Mittelrhein und Westerwald-Wied TV.
Er ist Besitzer des Eishockey-Erstligisten Kölner Haie.
Leben
Jugend und Ausbildung
Frank Gotthardt wurde in Siegen geboren und wuchs in Wülfrath-Düssel auf. Er besuchte das Naturwissenschaftliche Gymnasium Wuppertal-Vohwinkel und war dort zwischenzeitlich Vorsitzender des Schülerparlaments.[11] Als Stadtschülersprecher organisierte er Sitzstreiks.[11] Nach einem Studium der Informatik in Bonn[12] machte Gotthardt sich selbstständig.
Berufsleben
Zunächst entwickelte er Software für die Fleischwarenindustrie. Durch seine Frau, die Zahnärztin Brigitte Gotthardt, kam er in Kontakt mit der Medizinbranche und gründete 1987 gemeinsam mit vier Zahnärzten das Unternehmen Dentev, aus dem sich später die CompuGroup Medical entwickelte. Im Laufe der Jahre kaufte Gotthardt andere Arztsoftware-Unternehmen wie Arcos, Dorsymed, Sysmed-KDV, Data Vital und die Hauptkonkurrenten TurboMed und Medistar hinzu, die in die CompuGroup Medical integriert wurden.
Als die Kassenärztliche Bundesvereinigung 2000 einen eigenen Online-Dienst gründen wollte, klagte Gotthardt wegen des Eingriffs in den Wettbewerb durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft und bekam vor Gericht Recht.[12]
Im Mai 2007 brachte Gotthardt das Unternehmen an die Börse, unter anderem um Kapital für eine internationale Expansion zu beschaffen.[13] Insgesamt betrug das Emissionsvolumen 300 Millionen Euro.[14] In Focus Money kündigte Gotthardt im Zuge des Börsengangs an, zum Global Player der Health IT zu werden. Im Sommer 2020 übernahm die CompuGroup Medical unter seiner Leitung Teile des IT-Healthcare-Portfolios des US-Konzerns Cerner in Deutschland und Spanien für 225 Mill. Euro. Damit erhielt das Klinikgeschäft bei CGM einen Wachstumsschub. Ebenfalls 2020 folgte der Eintritt in den US-Markt mit der Übernahme des US-Anbieters von Arztinformationssystemen EMDS für 203 Mill. Euro.[15]
Die Software der übernommenen Unternehmen wurde am Markt belassen.[12] Die CGM entwickelte sich daraufhin zu einem der weltweit führenden Unternehmen für Informationstechnologie in der Gesundheitsversorgung. Das Unternehmen gilt als Marktführer in deutschen Arztpraxen und hat über 9000 Mitarbeitende, davon 1200 am Standort Koblenz. Über 1,6 Millionen Mediziner, Pflegekräfte und andere Gesundheitsberufe nutzen die Software von CGM.[16][12] Es hält einen Anteil von über 50 % in der Telematik Infrastruktur im deutschen Gesundheitswesen.[17] Das Unternehmen ist heute in mehr als 60 Ländern aktiv.[18] Zum Jahreswechsel 2020/21 wechselte Gotthardt in den Verwaltungsrat des Unternehmens.[19]
Gotthardt ist Eigentümer des Restaurants Gotthardt's by Yannick Noack in Koblenz, welches 2025 mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde.[20] Für angrenzende Luxus-Wohnanlagen wurde seinem Unternehmen die in Koblenz seit 2020 verpflichtende Sozialwohnungsquote von 30 % durch den Koblenzer Stadtrat erlassen.[21][22][23]
Frank Gotthardt ist parteilos und Ehrenvorsitzender des Landesverbandes Rheinland-Pfalz der Lobbyorganisation Wirtschaftsrat der CDU,[24] bei dem er lange Jahre Landesvorsitzender und damit auch Mitglied des Bundesvorstands war.[25][26]
Privates
Frank Gotthardt ist verheiratet und hat einen Sohn, der als Medizin-Professor an der Universität Heidelberg lehrte[27] und 2015 die Gotthardt Healthgroup AG gründete.[28]
Zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn hielt Frank Gotthardt 2020 etwas weniger als die Hälfte der Anteile der CompuGroup Medical. Laut Manager Magazin schrumpfte sein Vermögen von 1,4 Milliarden (Stand 2020)[29] auf 500 Millionen Euro (Stand 2024).[30]
Positionen
In einem Interview mit der Rhein-Zeitung kritisierte Frank Gotthardt im Jahr 2021, dass die Politik zu wenig gegen den Fachkräftemangel in der IT-Branche unternehme. Die Politik kümmere sich zu sehr um konkrete Projekte, für die sie nicht aufgestellt sei. Als Beispiel nannte Gotthardt die europäische Cloud Gaia-X, die grundsätzlich etwas Gutes sei. Sinnvoller sei es aber, wenn sich die Politik um geeignete Rahmenbedingungen kümmere und in die Ausbildung von Fachkräften an Universitäten investiere.[31]
Medienunternehmer
Seit 2015 ist Frank Gotthardt Eigentümer der DRF-Mediengruppe mit den Marken TV Mittelrhein (lineares Regionalfernsehen und online), WW-TV und „DRF 1 das Radio“.[32]
Gotthardt unterstützt den ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt seit 2022:[33] So vermietet er CompuGroup Medical Räume an Reichelts Rome Medien GmbH, die sich ihren Sitz mit der Vius Management SE (ehemals Nius SE) und Vius SE teilt und ihre IT-Dienstleistungen nutzt.[34][35] Gotthardt ist Mehrheitsgesellschafter der Vius Management SE, bei der Julian Reichelt und Christian Opitz geschäftsführende Direktoren sind. Die Firma startete im Jahr 2022 das rechtspopulistische Nachrichtenportal Nius.[36] Gotthardt selbst sieht das Portal als Ergänzung in der Medienlandschaft, „die weder zu rechts noch zu links ist“.[37] Gotthardt plant, Nius als Radio oder Fernsehen zu betreiben.[38][39]
Der Medienwissenschaftler Benjamin Krämer bezeichnet Nius als „populistisch im präzisen Sinne des Wortes“ und ordnet es politisch weit rechts ein.[40] Nius unterwirft sich nicht den Bestimmungen des Pressekodex, sondern versucht mit irreführenden und skandalisierenden Überschriften Aufmerksamkeit um jeden Preis zu erzielen. Erst im Text werden irreführende Eindrücke aus Überschrift und Teaser wieder zurechtgerückt.[41]
Kölner Haie
Im Jahr 2010 stieg Frank Gotthardt als einer von mehreren Gesellschaftern bei den finanziell angeschlagenen Kölner Haien ein. Er selbst übernahm 96 Prozent der Anteile des Clubs von dem Immobilienunternehmer Heinz-Hermann Göttsch. Der Kölner Stadtanzeiger bezeichnete die Investoren um Gotthardt in diesem Zusammenhang als „Glücksfall“ und schrieb 2013, ohne sie würde es den Traditionsverein wahrscheinlich nicht mehr geben.[42] Im Laufe der Jahre unterstützte Gotthardt die Haie mit 25 Millionen Euro, da diese, wie auch viele andere Profi-Clubs in Deutschland, defizitär arbeiten.[43]
Einzelnachweise
- ↑ CompuGroup Medical kämpft mit sinkenden Umsätzen. In: Pharmazeutische Zeitung. 7. März 2025, abgerufen am 20. Juli 2025.
- ↑ Lars Wienand: Hacker veröffentlichen Kundendaten von „Nius“. In: T-Online.de, 15. Juli 2025. Abgerufen am 16. Juli 2025.
- ↑ Arne Semsrott: Wer mit „Nius“ redet, legitimiert Hetzkampagnen. In: Die Tageszeitung: taz. 24. Juni 2025, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 7. August 2025]).
- ↑ Klöckner sorgt mit Vergleich von "Taz" und "Nius" für Empörung. In: Der Standard. 19. August 2025, abgerufen am 24. August 2025 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Lucia Heisterkamp: Österreich: Eva Schütz, die Frau hinter dem Krawallmedium »Exxpress«. In: Der Spiegel. 23. März 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 24. August 2025]).
- ↑ oe1.orf.at: Prüfer heiß auf pralle Medienförderung. 7. August 2025, abgerufen am 10. September 2025: „Eine Argumentationslinie, die Luis Paulitsch als Experte für pseudojournalistische Plattformen gut kennt. Der Exxpress nutze die Aufregung, um sich als politische Gegenmacht zu inszenieren: ‚Das ist gerade eine beliebte Strategie dieser neuen rechten Krawall-Portale, dass sie von einem vermeintlich linken Establishment sprechen, das gegen diese Medienprojekte agiert. Das Absurde daran ist, das ist ein Medium, das nur deshalb bestehen kann, weil es von wohlhabenden Einzelpersonen finanziert wird.‘“
- ↑ Isabell Hülsen, Alexander Kühn, Juliane Löffler, Martin U. Müller, Anton Rainer, Katrin Langhans: »Bild«-Chef Julian Reichelt: Warum er gehen musste. In: Der Spiegel. 18. Oktober 2021, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 7. Dezember 2024]).
- ↑ kress.de: "Staatsbürgerliche Verantwortung": Gründer Frank Gotthard spricht erstmals über Nius und Reichelt. Abgerufen am 23. April 2024.
- ↑ Charlotte Zink: "Publizistischer Online-Gnadenbrothof“: Böhmermann nimmt sich Angebot vom Ex-Bild-Chef vor. In: t-online.de. 7. Dezember 2024, abgerufen am 7. Dezember 2024.
- ↑ Lars Wienand: Böhmermann vs. Reichelt: Wegen dieser Recherche fürchtet „Nius“-Chef die „Vernichtung". In: t-online.de. 6. Dezember 2024, abgerufen am 7. Dezember 2024.
- ↑ a b Daniel Meyer: Das Silicon Valley am Mittelrhein, in: Label 56 (2016)
- ↑ a b c d Arzt-EDV-Pionier Frank Gotthardt hört auf. In: aerztezeitung.de. 26. Dezember 2020, abgerufen am 19. Oktober 2022.
- ↑ Compugroup-IPO | Klaus Esser mischt mit. manager-magazin.de, 22. April 2007, abgerufen am 24. April 2024.
- ↑ Mathieu Klos: Börsengang der CompuGroup. juve.de, 29. Juni 2007, abgerufen am 24. April 2024.
- ↑ Mit 70 Jahren tritt Frank Gotthardt kürzer | Börsen-Zeitung. Abgerufen am 23. April 2024.
- ↑ Apotheke Adhoc: CGM: Gotthardt übergibt an Telekom-Chef. Abgerufen am 22. August 2022.
- ↑ Jean Peters: Medien und Medizinsoftware: Der Profiteur von Spahns Politik. In: correctiv.org. 25. Juli 2025, abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ Startseite. cgm.com, abgerufen am 23. April 2024.
- ↑ Mit 70 Jahren tritt Frank Gotthardt kürzer | Börsen-Zeitung. Abgerufen am 23. April 2024.
- ↑ Alle Sternerestaurants - Guide MICHELIN Deutschland 2025. Abgerufen am 18. Juni 2025.
- ↑ Kritik im Koblenzer Stadtrat: Frank Gotthardt darf Luxus-Wohnanlage bauen - Koblenz & Region - Rhein-Zeitung. 9. Mai 2025, abgerufen am 22. Juli 2025.
- ↑ Dezernat 4 – 61-Amt für Stadtentwicklung und Bauordnung: Beschlussvorlage – Bebauungsplan Nr. 353 "Wohnanlage An der Fähre". Hrsg.: Stadtrat Koblenz. BV/0115/2025, 28. Februar 2025 (koblenz.de [PDF]): „Aufgrund des geplanten exklusiven Standards der Wohnanlage möchte der Investor auf das Erbringen der Sozialwohnungsquote (30%) verzichten.“
- ↑ Stadtrat Koblenz: Wortprotokoll – Bebauungsplan Nr. 353 "Wohnanlage An der Fähre". 8. Mai 2025 (koblenz.de [PDF]): „Die WGS-Fraktion […] Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen […] die Fraktion LINKE-Partei […] die FW-Fraktion lehnt die Vorlage ab. Die SPD-Fraktion […] Die CDU-Fraktion stimmt der Vorlage zu, ebenso die FDP-Fraktion. (Anm.: Abstimmung Ja: 29, Nein: 18, Enthaltung: 2, Befangen: 0)“
- ↑ Landesvorstand. Abgerufen am 23. April 2024.
- ↑ Thomas Wolff in den Bundesvorstand des Wirtschaftsrates der CDU e.V. gewählt. Abgerufen am 19. Oktober 2022.
- ↑ Was läuft da zwischen Reichelt und dem TV-Sender-Besitzer aus Rheinland Pfalz? Abgerufen am 19. Oktober 2022.
- ↑ Frank Gotthardt – Vermögen und Biografie. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 22. August 2022; abgerufen am 19. Oktober 2022. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Compugroup: Gotthard übernimmt Gotthard. 22. November 2022, abgerufen am 23. April 2024.
- ↑ Julian Olk: Compugroup-Chef Frank Gotthardt – Der Pionier der digitalen Medizin hört auf. In: handelsblatt.de. 12. Mai 2020, abgerufen am 20. Juli 2025.
- ↑ Martin Murphy, Michael Scheppe: Frank Gotthardt – Millionär will mit „Nius“ das deutsche Fox News aufbauen. In: handelsblatt.com. 12. Dezember 2024, abgerufen am 12. Dezember 2024.
- ↑ CompuGroup-Chef Frank Gotthardt: Klare Ansage der Wirtschaft an die Hochschulen, Rhein-Zeitung, 17. März 2021
- ↑ Patrick Prangenberg kressköpfe – Detail. In: kress.de. Abgerufen am 22. August 2022.
- ↑ Jonas Mueller-Töwe, Lars Wienand: Comeback des Ex-„Bild“-Chefs: Neue Hinweise auf Kooperation mit Milliardär. 16. August 2022, abgerufen am 20. Februar 2023.
- ↑ Nils Altland, Claus Hessling, Sebastian Friedrich, Iris Ockenfels: Wie Julian Reichelt die Wirklichkeit verdreht – und was dahinter steckt. In: ARD Mediathek. ZAPP. NDR, BR, 17. Februar 2023, abgerufen am 12. April 2023.
- ↑ Lars Wienand, Jonas Mueller-Töwe: Julian Reichelts Comeback: Reicher Förderer und sein Netzwerk in der CDU. In: t-online. 17. Februar 2023, abgerufen am 12. April 2023.
- ↑ Frank Gotthardt: Warum der Inhaber der Kölner Haie das rechtspopulistische Portal „Nius“ gegründet hat. 12. März 2024, abgerufen am 23. April 2024.
- ↑ RUND UMS ECK – Der Koblenz-Podcast - Frank Gotthardt. Abgerufen am 23. April 2024.
- ↑ Lars Wienand: Nius-Investor Frank Gotthardt: Jetzt bricht Reichelts Milliardär sein Schweigen. In: T-Online. 16. Februar 2024, abgerufen am 2. August 2024.
- ↑ Stefan Schuchort: Warum gibt es Kritik am Nachrichtenportal „Nius“ ? In: br.de. 18. Februar 2024, abgerufen am 2. August 2024.
- ↑ Frank Gotthardt: Warum der Inhaber der Kölner Haie das rechtspopulistische Portal „Nius“ gegründet hat. 12. März 2024, abgerufen am 23. April 2024.
- ↑ Lars Wienand: Streit um Überschriften – Trans Frau im Fitnessstudio: Reichelt darf in die Irre führen. t-online, 25. Juli 2025, aufgerufen am 2. August 2024.
- ↑ Kölner Stadtanzeiger, Die Erfolgsgeschichte der Haie, 11. April 2013
- ↑ Frank Gotthardt: Warum der Inhaber der Kölner Haie das rechtspopulistische Portal „Nius“ gegründet hat. 12. März 2024, abgerufen am 23. April 2024.