Forficula orsinii
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Männchen | ||||||||||||
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| Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
| Forficula orsinii | ||||||||||||
| Gené, 1833 |


Forficula orsinii (Syn. Pseudochelidura orsinii) ist eine Art der zu den Insekten gehörenden Ohrwürmer und lebt endemisch in den italienischen Apenninen.
Merkmale
Die Körperlänge beträgt inklusive Zange in beiden Geschlechtern 11–16 mm.[1]
Die Färbung des Kopfes ist orangebraun bis kastanienbraun, Pronotum und Elytra sind orangebraun bis gelbbraun. Das Abdomen und der Forceps (Zange) ist dunkel rötlichbraun. Beine und Antennen sind gelblich bis dunkelbraun gefärbt. Der Kopf ist groß, breit und leicht geschwollen. Die postfrontalen und coronalen Nähte sind vorhanden, der Hinterrand in der Mitte konkav. Die Augen sind sehr klein und deutlich kürzer als die Genae (Bereich des Kopfes hinter den Augen). Der Scapus (erstes Antennenglied) ist klein und deutlich kürzer als die Genae, aber so lang wie der Pedicellus (zweites Antennenglied) und das dritte Antennenglied kombiniert. Der Pedicellus ist quadratisch, das dritte Antennenglied etwas länger als das vierte. Das Pronotum ist breiter als lang, die Seitenränder sind gerade und nach hinten hin leicht erweitert. Der Hinterrand ist konvex und die mediane Längsfurche ist vorhanden. Die Elytra sind etwa so lang wie das Pronotum, am Hinterrand leicht quer abgestutzt und etwas dunkel und hell gemustert (da die Alae etwa halb so lang sind wie die Elytra).[2] Die Tergite des Abdomens sind in der Mitte etwas breiter als am ersten oder letzten Tergit. Die seitlichen Drüsenfalten auf Tergit 3 und 4 sind erkennbar vorhanden. Das letzte Tergit des Männchens ist sehr breit und besitzt mittig nahe des Hinterrands eine tiefe Eindrückung. Das Pygidium ist ungefähr dreieckig, groß und breit. Beide Äste der männlichen Zange sind vertikal stark gebogen und horizontal gewellt, im Querschnitt mehr oder wenig zylindrisch. In der Mitte besitzen sie ventral einen großen Zahn, der nach innen zeigt.[1] Die männliche Zange kann etwas variabel sein, es existieren Exemplare mit großen Zangen (macrolabia-Form) und Exemplare mit kleineren Zangen (brachylabia-Form).[3] Die Weibchen sehen dem Männchen sehr ähnlich, jedoch ist ihre Zange einfach, gerade, spitz zulaufend und zusammenlaufend.[1]
Die männlichen Genitalien ähneln sich stark von denen der Gattung Pseudochelidura. Die äußeren Parameren sind robust und breit, ihre Spitze dick und besonders basal breit. Die Größe des Genitallobus ist dennoch ähnlich wie bei Pseudochelidura sinuata. Die Virga innerhalb des Genitallobus ist vergleichsweise lang, der Basalvesikel vom Forficula-Typ.[1] Zeichnungen der Genitalien finden sich bei Cravero (1918), Maccagno (1933) und Harz & Kaltenbach (1976), die Zeichnungen in Steinmann (1993) werden von Vigna Taglinti (1999) stark kritisiert. Capra (1987) sowie Capra & Fontana (1993) beschäftigten sich ebenfalls mit den männlichen Genitalien.[3]
Ähnliche Arten
Eine sehr ähnliche Art, ebenfalls aus Zentralitalien, ist Forficula galvagnii. Daneben ähnelt die Art Pseudochelidura sinuata aus den Pyrenäen, Pseudochelidura cantabrica aus dem Kantabrischen Gebirge und Eulithinus analis aus der Sierra Nevada. Im gleichen Verbreitungsgebiet kommt somit nur F. galvagnii vor, wobei weder die nördlichen noch die südöstlichsten Populationen von F. orsinii im gleichen Gebiet wie F. galvagnii vorkommen.
Forficula galvagnii wird durchschnittlich größer, ist robuster und dunkler gefärbt. Das Integument ist undurchsichtiger, die Elytra sind breiter und haben einen schräger abgeschnittenen distalen Rand. Insbesondere unterscheiden sich aber die männlichen Zangen: Bei F. galvagnii sind sie S-förmig von oben und im Profil, nicht doppelt konkav und 3-förmig wie bei F. orsinii. Der dorsale basale Vorsprung ist sehr ausgeprägt und mit einer Reihe von Zähnchen auf der Innenseite. Der ventrale Mittelzahn ist leicht erhöht und nach hinten gerichtet.[3]
Verbreitung
Die Art ist beinahe ausschließlich in den italienischen Apenninen verbreitet. Es existiert jedoch eine isolierte Teilpopulation in den Ligurischen Alpen nahe der französischen Grenze. Hier wurde die Art vereinzelt auch schon auf französischer Seite (Seealpen) gefunden.[3] Von dieser Reliktpopulation abgesehen zieht sich das Verbreitungsgebiet vom Nationalpark Toskanisch-Emilianischer Apennin im Nordwesten bis in die Provinz Benevento im Südosten. Im 21. Jahrhundert wurde die Art in den Apenninen jedoch nur noch im Gebiet vom Nationalpark Toskanisch-Emilianischer Apennin bis zur Provinz L’Aquila (Regionalpark Sirente-Velino) nachgewiesen, vor allem aber in Zentralitalien. Die Reliktpopulationen in den Ligurischen Alpen und im Nordwestlichen Apennin bestehen weiterhin.[4][5] Zudem berichtet Vigna Taglianti von einem Vorkommen auf 900 m Höhe in den Prealpi Venete (Venezianischen Voralpen).[3]
Lebensraum
Die Art kommt vom unteren Berghorizont in den Lichtungen der Buchenwälder bis zum oberen Berghorizont in den pseudoalpinen Graslandschaften vor.[3] Die Art kann in Höhen von 700–2200 m gefunden werden, wird meist jedoch in Höhen zwischen 1000 und 2000 m gefunden.[3]
Lebensweise
Imagines werden meist im Frühling oder Herbst gefunden.[5] Die Nymphenentwicklung findet wie bei anderen südeuropäischen Gebirgsendemiten der Ohrwürmer, über den Sommer statt, Nymphen wurden sowohl im Juni als auch im September gefunden.[3]
Taxonomie
Die Art wurde 1833 von Giuseppe Gené als Forficula orsinii erstbeschrieben.[6][7] Das Art-Epitheton ehrt Antonio Orsini, von dem Gené Exemplare der Art erhalten hatte.[3] Die Typuslokalität/Terra Typica (vermuteter Holotyp und Neotyp) sind die Montagna dei Fiori, bei der Provinz Teramo.[3] Karl Brunner-von Wattenwyl platzierte die Art in die Gattung Chelidura Latreille, 1825, was 1900 von Auguste de Bormans und Hermann August Krauss so beibehalten wurde. Costa fertigte 1881 als erster Naturforscher Zeichnungen der Art an.[3] 1904 ordnete William Forsell Kirby die Art schließlich der Gattung Pseudochelidura Verhoeff, 1902 zu. Nachdem Malcolm Burr die Art 1911 in die Gattung Anechura Scudder, 1876 stellte, wurde in weiteren Werken zwischen 1918 und 2024 stets der Einordnung Kirbys gefolgt und die Art als Pseuochelidura orsinii bezeichnet.[7] Im Jahr 2025 wurde die Art aufgrund phylogenetischer Untersuchungen wieder in die Gattung Forficula Linnaeus, 1758 gestellt.[8] Damit werden die Ergebnisse des italienischen Entomologen T. I. Maccagno bestätigt, der 1933 beschrieb, dass die Genitalien der italienischen Forficula und Pseudochelidura sehr ähnlich sind. Jedoch ließ sich ein morphologischer Unterschied in der Form der männlichen Zangen und der Elytra finden.[8]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Henrik Steinmann (1993) Dermaptera – Eudermaptera II. in Das Tierreich, Teilband 108. Walter de Gruyter, Berlin – New York.
- ↑ Kurt Harz & Alfred Kaltenbach (1976) Die Orthopteren Europas III. Springer-Science + Business Media Dordrecht.
- ↑ a b c d e f g h i j k Augusto Vigna Taglianti (1999) Note su Anechurinae della Fauna Appenninica (Dermaptera, Forficulidae). Bollettino dell'Associazione Romana di Entomologia 54(1–4):33–57.
- ↑ Forficula orsinii in der italienischen Datenbank 'Network Nazionale Biodiversitá', abgerufen am 30. August 2025.
- ↑ a b Forficula orsinii auf iNaturalist.org, abgerufen am 30. August 2025.
- ↑ Forficula orsinii auf dermaptera.speciesfile.org, der Datenbank zu Dermaptera von TaxonWorks, abgerufen am 30. August 2025.
- ↑ a b Henrik Steinmann (1989) World Catalogue of Dermaptera. Akadémiai Kiadó, Budapest.
- ↑ a b Fabrizio Freda, Marco A. Bologna, Paolo Fontana & Alessandra Riccieri (2025) Integrating morphology and molecular data to explore taxonomy, evolutionary history, and conservation of Italian endemic Forficulidae (Dermaptera). Zoological Journal of the Linnean Society, 2025, 203, zlaf009. doi:10.1093/zoolinnean/zlaf009. PDF.
