Cittadella Giudiziaria

Cittadella Giudiziaria in Salerno

Die Cittadella Giudiziaria ist ein Palast aus dem 21. Jahrhundert an der Via Dalmazia, 1, in der Nähe des Bahnhofs von Salerno in der italienischen Provinz Kampanien. Das 1999 von David Chipperfield geplante Gebäude ist der Sitz der Gerichtsbehörden von Salerno.

Geschichte

Ein erstes Projekt für das neue Gerichtsgebäude stammt aus den 1980er-Jahren; der damalige Stadtrat von Salerno sah den Bau im östlichen Bereich der Stadt vor. Mit der Amtsübernahme von Vincenzo De Luca 1993 und dem Widerspruch eines stellvertretenden Staatsanwaltes gegen das ursprüngliche Projekt wurde der geplante Standort ins Stadtzentrum verlegt, wo früher der damals stillgelegte Güterbahnhof lag. 1999 schrieb die Kommunalverwaltung einen internationalen Ideenwettbewerb aus, zu dem sie 80 Architekturbüros einlud, die aber größtenteils nicht teilnahmen. Sieger des Wettbewerbs war der britische Architekt David Chipperfield, den zweiten und dritten Platz belegten das katalanische Büro Miralles-Tagliabue und das französische Büro Dominique Perrault.

Nach einem ersten Baubeginn im Jahre 2003 mit der Perspektive, die Baustelle in etwa zwei Jahren abzuschließen, wurden die Arbeiten wegen Grundwasser führender Schichten, die im Projekt nicht berücksichtigt worden waren, obwohl der Fluss Irno in der Nähe liegt, eingestellt und erneut 2008 wegen Insolvenz des Auftragsnehmers, der die Ausschreibung mit dem niedrigsten Gebot gewonnen hatte. Im selben Jahr wurden vor dem Baustopp die strukturellen Arbeiten abgeschlossen. 2010 wurden das Unternehmen Soledil mit dem Weiterbau betraut, das die ersten drei Gebäude am 7. März 2014 fertigstellte.

Mit der Fertigstellung der restlichen Gebäude, mit denen man im Januar 2016 begann, wurde die Firma R.T.I. Passarelli SpA (Capogruppo) – Costruzioni Barozzi betraut;[1] das Bauvorhaben wurde 27 Mio. € vom Comitato interministeriale per la programmazione econimica – CIPE gefördert, und zwar als Teil der Abstimmung über das Stabilitätsgesetz 2014, mit dem der Einsatz von 30 Mio. € für Justizbauten unter besonderer Beachtung bereits eingeleiteter Arbeiten verfügt wurde.[2] Der Umzug der Gerichtsbehörden begann 2017 und wurde 2019 definitiv abgeschlossen.[3]

Das Projekt

Städtebauliche Aspekte

Das Justizviertel liegt auf einem freien Grundstück zwischen dem Endbahnhof zum Meer hin, der neuen Straße Lungo Imo und dem Gleisbündel des Depots der Staatsbahnen. Der Komplex umfasst eine Grünanlage mit Gärten im Stadtkern, der auch einen Stadtpark bilden könnte und aus sechs Gebäudeblöcken besteht, wie auf einer Platte angerichtet und unterbrochen durch fünf Höfe, die die Gebäude miteinander verbinden.

Der Außenbereich am Platz B

Der Haupteingang befindet sich am nördlichen Ende der Anlage, wo zwischen der Via Dalmazia und der Via Cacciatori dell'Imo ein kleiner Platz angelegt wurde.

Der Zugang für Fußgänger führt von diesem Platz aus durch eine Vorhalle zu einem Hof. Der Hof ist direkt mit dem Eingangsgebäude des Gerichtes verbunden, in dem sich der Hauptkontrollposten befindet. Ein zweiter Fußgängereingang wird in der Nähe des Appellationsgerichtes installiert.

Architektonische und funktionale Aspekte

Das Projekt von David Chipperfield, das 2002 im Rahmen der Biennale di Venezia ausgestellt war, ist größtenteils analog zum dem in Barcelona und sah zunächst den Bau von neun Gebäuden unterschiedlicher Höhe mit Fenstern vor, was später auf sechs reduziert wurde. Die Idee war, ein Justizgebäude zu schaffen, das nicht einschüchternd sein, sondern eher die Idee einer Volksjustiz vermitteln sollte. Das Projekt zeigt ein Zentralgebäude mit fünf Stockwerken, das als Dreh- und Angelpunkt des Komplexes mit zwei Türmen fungieren soll, einen mit zehn und den anderen mit dreizehn Stockwerken. Der erste Turm im Norden ist seinerseits von einem Gebäude mit vier Stockwerken flankiert, das später durch eine Vorhalle geschlossen und auf der Nordseite zur neuen Piazzetta Dalmazia geöffnet wurde, tatsächlich eine Ausweitung, und zum Faro della Giustizia (dt.: Leuchtturm der Justiz; ein modernes Kunstwerk), einer Skulptur, die gut € 600.000 kostete. Im Süden steht der zweite Turm, der höhere, dessen Imposanz durch zwei Gebäude unterbrochen wird: Das erste ist vier Stockwerke hoch und von dem Turm durch eine Vorhalle getrennt, das zweite sechs Stockwerke; letzteres schließt den gesamten Komplex nach Süden ab und liegt an der Via Vinciprova.

In dem erläuternden Bericht des Projektes kann man - im Gegensatz zur Realität – lesen, dass „die Projektentscheidungen auf die maximale Aufwertung des Ortes und der Institution und auf die Vereinfachung und Harmonie gerichtet [waren], um mit minimaler Kraft und maximaler Einfachheit dauerhafte Lösungen zu bauen.“[4] Man hat so gearbeitet, um einen Gebäudekomplex zu schaffen, der extrem einfach in seiner Konzeption und in seinem Bau und ohne Eleganz, Varietät, Flexibilität der Funktionen und räumliche Veränderungen sein sollte.

Eingang zur Cittadella Giudiziaria

Ebenfalls liest man in dem Bericht, dass „das Gebäude als Infrastruktur strukturiert ist, das klar die Konstanten des Justizsystems und der Institution zum Ausdruck bringt und gleichzeitig auf die verschiedenen Variabilitäten und die Bedürfnisse der Bürger, der Gemeinde, des Ortes und der Zeit antwortet. Das System des Umlaufs wird durch die Höfe ausgedrückt, die den Publikumsverkehr strukturieren und eine klare Hierarchie zwischen den Gebäuden stabilisieren, was die Notwendigkeit ihrer Verbindung und ihr Sicherheitsniveau widerspiegelt. Höfe und Blöcke stehen in Wechselwirkung und charakterisieren sich gegenseitig, indem sie nach Wegen suchen, den monolithischen Charakter der Institution zu fragmentieren, die öffentliche Natur des Komplexes und noch mehr seine menschliche Dimension und das Gefühl des Willkommenseins [der Besucher] zu verstärken. Das Grün der Höfe strukturiert sich, bekräftigt die Öffnung des Baus und stabilisiert die Kontinuität und den räumlichen Reichtum zwischen seinen einzelnen Teilen.“[4]

Die Räume und die funktionalen Kerne wurden in den sechs Gebäuden verteilt, die den Komplex bilden und sich wie auf einer Platte befinden. Die Gebäude sind miteinander durch ein System von Kolonnaden verbunden, die die Höfe bilden, und in den oberen Stockwerken – im zweiten und dritten Stock – durch ein System von Übergängen.

Kunstwerke

Entsprechend dem Gesetz Nr. 717 von 1949 (dem sog. „2%-Gesetz“ - 2 % der Baukosten müssen für Kunstwerke aufgewendet werden), das zwingend die Aufstellung von Kunstwerken in öffentlichen Gebäuden vorschreibt, wurde 2002 ein internationaler Ideenwettbewerb durchgeführt, dessen Jury unter dem Vorsitz von David Chipperfield und Achille Bonito Oliva drei Kunstwerke auswählte (dem Faro della Giustizia von Ben Jakober und Yannich Vu, Leuchtschriften von Justizthemen von Joseph Kosuth und drei Videos über den unfairen Prozess von Franco Scognamiglio), um das Gebäude zu bereichern.

Bildergalerie

Einzelnachweise

  1. Completamento Nuova Cittadella Giudiziaria di Salerno. In: OpenCoesione - 2AGCOEI59J13000210001. Coesione Italia, abgerufen am 1. September 2025 (italienisch).
  2. Il Cipe impegna 27 milioni per la cittadella giudiziaria. La Città di Salerno, archiviert vom Original am 4. März 2014; abgerufen am 1. September 2025 (italienisch).
  3. Salerno, ultimati gli altri tre edifici della Cittadella. La Città di Salerno, archiviert vom Original am 29. August 2023; abgerufen am 1. September 2025 (italienisch).
  4. a b Auszug aus dem erläuternden Bericht des Projektes.
Commons: Cittadella Giudiziaria – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 40° 40′ 42,1″ N, 14° 46′ 27,6″ O